Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschiebende Wirkung. Anordnung des sofortigen Vollzugs. Anfechtungsbefugnis. Defensive Konkurrentenklage. Sozialpädiatrisches Zentrum. Kinderarzt. Vertragsärztliche Versorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs tritt gem. § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich unabhängig davon ein, ob dieser zulässig oder begründet ist. Nur ein offensichtlich unzulässiger Rechtsbehelf entfaltet keine aufschiebende Wirkung.
2. Ein Vertragsarzt ist nur dann zur Anfechtung der Ermächtigung eines Dritten zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung befugt, wenn er und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten. Daran fehlt es im Verhältnis zwischen einem Kinderarzt und einem sozialpädiatrischen Zentrum, das personell und apparativ für eine multidisziplinäre ganzheitliche Behandlung ausgestattet ist.
Normenkette
SGB V § 119 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1; SGG § 86a Abs. 1 S. 1, § 86b Abs. 1 Nr. 1
Tenor
I. Die Beschwerden des Beigeladenen zu 7) und des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2011 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beigeladene zu 7) zu drei Viertel und der Antragsteller zu einem Viertel.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten wegen der dem Antragsteller erteilten Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
Der Antrag des Antragstellers (Ast) vom 26.04.2007 auf Erteilung der Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern wurde mit Bescheid des Zu-lassungsausschusses für Ärzte - Niederbayern - vom 13.09.2007 (Beschluss vom 13.06.2007) bestätigt durch Bescheid des Antraggegners (Ag) vom 14.05.2008 (Beschluss vom 04.03.2008) - abgelehnt.
Auf Klage des Ast hat das Sozialgericht München (SG) mit Urteil vom 30. Juli 2009 (Az.: S 43 KA 747/08) den Bescheid des Beklagten (= Antragsgegner) vom 4. März 2008 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Antrag des Klägers (= Antragstellers) auf Ermächtigung zur Teilhabe an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung unter Errichtung eines sozialpädiatrischen Zentrums stattzugeben. Der Ast habe gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V einen Anspruch auf die Erteilung der Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung unter Errichtung eines sozialpädiatrischen Zentrums in B-Stadt entsprechend seinem Antrag. Diese Ermächtigung sei notwendig, um eine ausreichende soziapädiatrische Behandlung von Kindern in Niederbayern sicherzustellen. Nach Auffassung des Gerichts bestehe ohne diese Ermächtigung eine Versorgungslücke.
Der Ag hat mit Bescheid vom 20.05.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) den Bescheid vom 14.05.2008 (Beschluss vom 04.03.2008) aufgehoben und dem Ast als Träger des Eigenbetriebes des Landkreises B-Stadt eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern durch ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) am Klinikum B-Stadt gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V erteilt. Gegen diesen Beschluss des Ag hat der Beigeladene zu 7) mit Schreiben vom 04.05.2010 und 28.05.2010 Widerspruch erhoben. Der Ag hat mit Bescheid vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) den Widerspruch des Beigeladenen zu 7), der als Kinderarzt an der vertragsärztlichen Ver-sorgung teilnimmt, gegen den Bescheid des Ag vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) zurückgewiesen und festgestellt, dass der Widerspruch des Beigeladenen zu 7) gegen den Bescheid des Ag vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) keine aufschiebende Wirkung entfalte. Der Antrag des Ast auf Sofortvollzug werde zurückgewiesen.
Der Beigeladene zu 7) hat mit Schreiben vom 17.06.2010 gegen den Bescheid des Ag vom 20.05.2010 (Beschluss vom 02.30.2010) Klage zum SG München (Az.: S 21 KA 404/10) erhoben.
Der Ast hat mit Schriftsatz vom 10. September 2010 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum SG erhoben mit folgenden Anträgen:
1. Es wird festgestellt, dass die vor dem Sozialgericht München unter dem Az.: S 21 KA 404/10 anhängige Klage des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 02.03.2010, ausgefertigt per Bescheid vom 20.05.2010, keine aufschiebende Wirkung hat.
2. Hilfsweise wird beantragt, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners aufgrund seiner Sitzung vom 02.03.2010, ausgefertigt per Bescheid vom 20.05.2010, anzuordnen.
Sei ein Dritter von einem durch ihn angefochtenen Verwaltungsakt nicht betroffen, habe er keine Anfechtungsbefugnis, sein Widerspruch bzw. die Klage seien offensichtlich unzulässig und entfalten keine aufschiebende Wirkung (vgl. SG Gotha, Az.: S 7 KA 2622/07 ER; BVerwG, DVBL 1993, S. 256 und BVerfG, Beschluss vom 24.05.2006, Az.: BvR 493/05). Die Voraussetzungen einer defensiven Konkurrentenklage gemäß dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08, würden nicht vorliegen. Im SPZ und von dem Beigeladenen zu 7) würden nicht die gleichen Leistungen erbracht.
Es bestehe bereits au...