Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Das Verhalten eines säumigen Sachverständigen nach Erlass eines weiteren Ordnungsgeldbeschlusses kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Herabsetzung des bereits verhängten Ordnungsgeldes führen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.05.2008 abgeändert und das gegen den Beschwerdeführer festgesetzte Ordnungsgeld auf 800,00 EUR herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung eines weiteren Ordnungsgeldes.

Er war in dem Rechtsstreit zum Aktenzeichen S 41 U 284/05 vom Sozialgericht München (SG), in dem der dortige Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 28.02.2003 begehrt, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 31.08.2006 beauftragt worden, ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers zu erstatten.

Auf die Mahnung vom 18.07.2007 mit Frist zur Abgabe des Gutachtens bis spätestens 31.08.2007 teilte der Beschwerdeführer mit, er habe den Kläger am 20.08.2007 untersucht und bitte um Fristverlängerung um drei bis vier Wochen. Ein von ihm veranlasstes radiologisches Zusatzgutachten ging bei Gericht am 05.09.2007 ein. Das SG setzte dem Beschwerdeführer eine weitere Nachfrist zunächst bis 03.01.2008 und dann verlängert auf den 03.03.2008 unter Hinweis auf die Möglichkeit ein Ordnungsgeld gegen ihn verhängen zu können. Am 28.02.2008 bat der Beschwerdeführer die Frist bis Ende März zu verlängern. Dies sagte das SG zu und wies zugleich darauf hin, es werde den bereits gefertigten Ordnungsgeldbeschluss vom 04.03.2008 zur Post geben, falls das Gutachten nicht rechtzeitig eingehen sollte.

Der auf den 04.04.2008 umdatierte Ordnungsgeldbeschluss, in dem dem Beschwerdeführer 1.000,00 EUR Ordnungsgeld auferlegt wurden, wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 08.04.2008 zugestellt.

Im Schreiben vom 07.04.2008 bezog sich das SG auf den zwischenzeitlich erlassenen Ordnungsgeldbeschluss und setzte dem Beschwerdeführer eine weitere Nachfrist bis 06.05.2008; sollte auch diese Frist verstreichen, ohne dass das Gutachten eingegangen sei, so kündigte es an, dass es weiteres Ordnungsgeld in der Höhe von 1.000,00 EUR verhängen werde. Mit Beschluss vom 07.05.2008 legte das SG dem Beschwerdeführer ein weiteres Ordnungsgeld über 1.000,00 EUR auf. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 09.05.2008 zugestellt. Am 07.05.2008 ging das Gutachten bei Gericht ein.

Am 06.06.2008 legte der Beschwerdeführer gegen den Ordnungsgeldbeschluss Beschwerde ein. Er machte geltend, er habe Ende 2007 einen Schlaganfall erlitten, von dem eine motorische Sprachstörung zurückgeblieben sei, so dass ihm lange Diktate ausgesprochen schwer fielen. Die ihm zuletzt gesetzte Frist habe er bedauerlicherweise um einen Tag überschritten. Er legte ein ärztliches Attest des Oberarztes Dr. N. vom 11.06.2008 vor. Darin heißt es, von dem im Dezember 2007 erlittenen Schlaganfall seien eine linksseitige Facialisparese und eine sensorische Parese des linken Arms verbunden mit einer motorischen Sprachstörung zurückgeblieben. Diese neurologischen Ausfälle hätten sich zwischenzeitlich komplett zurückgebildet bis auf eine gewisse Ausspracheproblematik bei bestimmten Buchstaben.

Das Sozialgericht legte die Beschwerde dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss vom 07.05.2008 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber nur teilweise begründet, nämlich nur insoweit, als das Ordnungsgeld auf 800,00 EUR herabzusetzen war. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Nach § 118 SGG i.V.m. § 411 Abs.1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Gemäß § 411 Abs.2 Satz 3 ZPO kann im Falle wiederholter Fristversäumnis das Ordnungsgeld in gleicher Weise, das heißt nach einer weiteren Nachfrist und Androhung weiteren Ordnungsgeldes, noch einmal festgesetzt werden.

Die in dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen sind im Falle des Beschwerdeführers erfüllt. Fest steht, dass der Beschwerdeführer bereits die ihm vom SG gesetzte Nachfrist zum (richtig) 31.03.2008 verstreichen ließ, ohne das Gutachten erstattet zu haben. Auf den ihm am 08.04.2008 zugestellten Ordnungsgeldbeschluss vom (richtig) 04.04.2008 reagierte er nicht, ebenso wenig auf das Schreiben vom 07.04.2008, in dem ihm Nachfrist bis 06.05.2008 - erneut unter Hinweis auf eine mögliche Verhängung von Ordnungsgeld über 1.000,00 EUR - gesetzt worden war. Damit waren die Voraussetzungen für die Auferlegung von weiterem Ordnungsgeld erfüllt.

Die vom Beschwerdeführer im Beschwerdev...

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