Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Gutachten. Ermittlung des objektiv erforderlichen Zeitaufwands. Abrechnungspraxis: Kontrollberechnung und Abgleich mit dem tatsächlichen Rechnungsbetrag. Toleranzgrenze von 15 vH. Ermittlung des Umfangs der sozialmedizinischen Beurteilung
Leitsatz (amtlich)
1. Liegen die Angaben des Sachverständigen zum Zeitaufwand über den Zeiten, wie sie sich aus der Kontrollberechnung ergeben, sind die höheren Zeitangaben des Sachverständigen der Abrechnung zugrunde zu legen, wenn diese den nach den Erfahrungswerten ermittelten objektiv erforderlichen gesamten Zeitaufwand um nicht mehr als 15 vH überschreiten.
2. Für die Ermittlung dessen, was der Beurteilung zuzurechnen ist, ist die vom Sachverständigen gewählte Überschrift nur ein erster Anhaltspunkt. In einem zweiten Schritt ist herauszufiltern, was bei einem Ineinandergreifen verschiedener Elemente eines Gutachtens und einer Überschneidung verschiedener Bestandteile der eigentlichen sozialmedizinischen Beurteilung zuzurechnen ist. Die Anforderungen an die Kostensachbearbeitung dürfen dabei nicht überspannt werden; eine Korrektur hat nur dann zu erfolgen, wenn die falsche Platzierung im Gutachten offenkundig ist, sich also auf den ersten Blick aufdrängt.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 4. November 2013 wird insoweit abgeändert, als die Vergütung des Beschwerdeführers für sein Gutachten vom 31.08.2013 auf 1.455,97 € festgesetzt wird.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt eine höhere Vergütung für ein von ihm erstattetes Gutachten nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Streitig ist im Wesentlichen der zu vergütende Zeitaufwand.
In dem am Sozialgericht Würzburg (SG) unter dem Aktenzeichen S 10 VJ 2/12 geführten Verfahren nach dem Infektionsschutzgesetz erstellte der Beschwerdeführer im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 23.05.2013) unter dem Datum vom 31.08.2013 ein internistisch-epidemiologisches Gutachten nach Aktenlage. Ihm wurden Akten mit insgesamt 510 Seiten übersandt.
Das Gutachten umfasst 171/2 Seiten. Ab Seite 14 Mitte bis Seite 15 unten ist eine "zusammenfassende Beurteilung" enthalten, anschließend bis Seite 18 Mitte die Beantwortung der Beweisfragen unter Wiedergabe der Beweisfragen.
Der Beschwerdeführer stellte für sein Gutachten am 31.08.2013 eine Rechnung in Höhe von 1.699,50 €. Zum Zeitaufwand gab er darin Folgendes an: Aktenstudium 5 Stunden, vorbereitende Arbeiten zur Erstellung des Gutachtens 3 Stunden, Ausarbeitung des Gutachtens 6 Stunden, insgesamt 14 Stunden. Er legte die Honorargruppe M 3 mit einem Stundensatz von 100,- € zugrunde. Die Umsatzsteuer ist angesetzt. Im Rechnungsbetrag enthalten sind zudem Versandkosten/technischer Aufwand in Höhe von 20,- € und
Schreibauslagen von 13,50 €.
Die Kostenbeamtin des SG bewilligte mit Schreiben vom 04.09.2013 lediglich 1.212,02 €. Den Angaben des Beschwerdeführers zum Zeitaufwand wurde mit Ausnahme der Angabe zum Aktenstudium nicht gefolgt; insgesamt wurde nur ein Zeitaufwand von 11,5 Stunden anerkannt. Der Stundensatz nach der Honorargruppe M 3 wurde mit 85,- € angesetzt.
Gegen die Rechnungskürzung hat sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.09.2013 gewandt und die Kürzung seiner Rechnung bezüglich des Zeitaufwands beanstandet. Angesichts der Schwierigkeit der Beurteilung sei eine Kürzung nicht korrekt; tatsächlich sei die Erstellung noch wesentlich zeitaufwändiger gewesen. Die Kürzung der Stundensatzhöhe hat er als zutreffend anerkannt; die Übergangsregelung in § 24 JVEG sei ihm unbekannt gewesen.
Mit Beschluss vom 04.11.2013 hat der Kostenrichter des SG die Vergütung für das Gutachten wie schon die Kostenbeamtin auf 1.212,02 € festgesetzt. Der vom Beschwerdeführer angegebene Zeitaufwand - so das SG - erscheine mit Blick auf Vita und Berufsleben des Beschwerdeführers zweifelhaft.
Am 13.11.2013 hat der Beschwerdeführer Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er betrachtet die vorgenommene Kürzung als Missachtung einer qualifizierten Bewertung. Es könne nicht sein, dass einem Sachverständigen umso mehr Zeitaufwand zuzugestehen sei, umso weniger Ahnung er habe. Wenn das SG seine Zeitangaben anzweifle, frage er sich, ob ihm damit unwahre Angaben unterstellt werden sollten.
Mit Schreiben vom 03.04.2014 hat der Senat dem Beschwerdeführer das Vergütungssystem erläutert. Wenn die Zeitangaben eines Gutachters bei der Abrechnung nicht übernommen würden, bedeute dies nicht, dass dem Sachverständigen falsche Angaben zur aufgewendeten Zeit unerstellt würden. Denn für die Abrechnung sei es nicht entscheidend, wie lange der Gutacher tatsächlich für die Anfertigung des Gutachtens gebraucht habe. Vielmehr müsse der objektiv erforderliche Zeitaufwand ermittelt werden, d.h. der Zeitaufwand, den ein "durchschnittlicher" Sachverständiger benötigt hätte.
Der Senat hat die erstinstanzlichen Streit- und Kostenakten beigezogen.
II.
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschw...