Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Eilverfahren: Nachträgliche Ergänzung eines Beschlusses
Leitsatz (amtlich)
Kein Fall für eine Urteils- bzw. Beschlussergänzung nach § 140 SGG liegt vor, wenn das Gericht ohne entsprechende Prozesserklärung des Antragstellers den Streitgegenstand auf einen Teil des Antragsbegehrens begrenzt ansieht und nur über diesen Teil entscheidet.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21. März 2018 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde hinsichtlich der Leistungen ab Mai 2018 wird verworfen.
II. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wegen der Ausstellung einer Bescheinigung für die Kindergeldkasse sowie für die Krankenkasse wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sowie die Frage, ob der Antragsgegner und Beschwerdegegner (in der Folge: Antragsgegner) verpflichtet ist, dem Antragsteller und Beschwerdeführer (in der Folge: Antragsteller) verschiedene Bescheinigungen auszustellen.
Der 1992 geborene Antragsteller, dem ein GdB von 70 anerkannt ist, lebt in Haushaltsgemeinschaft mit seiner Mutter. Sie schulden für die Unterkunft 996 € monatlich. Der Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl zuletzt Bescheid vom 23.3.2017 für die Zeit vom 29.4.2017 bis 30.4.2018, zuletzt geändert durch Bescheid vom 16.6.2017).
Am 15.9.2017 nahm der Antragsteller einen Freiwilligendienst auf. Der hierüber geschlossenen - über weite Strecken ua zum Einsatzort geschwärzten - Vereinbarung ist zu entnehmen, dass der Antragsteller ein monatliches Taschengeld iHv 175 €, einen Verpflegungskostenzuschuss iHv monatlich 241 € sowie eine Geldersatzleistung für Unterkunft, Dienstkleidung und Reinigung iHv monatlich 212 € erhält.
Nachdem die Bevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner über die Aufnahme des Freiwilligendienstes informierte, hob dieser seine Bewilligung vom 16.6.2017 mit Wirkung zum 1.9.2017 auf und bewilligte dem Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 1.9.2017 bis 30.4.2018 unter Berücksichtigung seiner Einnahmen aus dem Freiwilligendienst neu. Dabei berücksichtigte er als Einnahme das Taschengeld, den Verpflegungskostenzuschuss und die Geldersatzleistung für Unterkunft usw, insgesamt 628 € monatlich. Von diesem setzte er nach § 11b Abs 2 S 6 SGB II einen Betrag iHv 200 € ab. Die Berücksichtigung eines Tagesgeldes nach § 6 Abs 3 Alg II-V wegen der durch eine Therapie des Antragstellers bedingten Abwesenheit des Antragstellers von mehr als 12 Stunden, von Fahrtkosten iHv 225 € monatlich sowie für die auswärtige Verpflegung des Antragstellers lehnte der Antragsgegner genauso ab wie die Absetzung eines Freibetrags nach § 11b Abs 3 SGB II, da es sich beim Freiwilligendienst nicht um eine Erwerbstätigkeit handele. Kindergeld berücksichtigte der Antragsgegner ab Dezember 2017 nicht mehr bei der Leistungsberechnung. Die sich hieraus für den Zeitraum September bis Dezember 2017 und Januar 2018 ergebende Überzahlung wurde auf 1 530,63 € festgesetzt und vom Antragsteller erstattet verlangt (Bescheid vom 19.1.2018; für die Zeit ab Januar 2018: Regelbedarf iHv 416 € + Mehrbedarf Ernährung 83,20 € + Kosten für Unterkunft 398 € - (698 € - 200 €) = 469,20 €).
Mit seinem hiergegen am 28.2.2018 erhobenen Widerspruch ließ der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs, die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 19.1.2018, die sofortige Auszahlung der einbehaltenen verrechneten Leistungen sowie die Ausstellung einer Bestätigung wegen Überschreitens der Altersgrenze für die Kindergeldkasse und wegen der Befreiung von den Zuzahlungen 2018 für die Krankenkasse beantragen. Dabei lässt er verschiedene aus seiner Sicht bestehende Fehler des Bescheides vom 19.1.2018 monieren. Der Widerspruch ist nach Aktenlage bislang nicht verbeschieden.
Am 1.3.2018 ließ der Antragsteller beim Sozialgericht München einstweiligen Rechtsschutz und Klage erheben. Neben den Anträgen aus dem Widerspruch ließ der Antragsteller die sofortige Auszahlung der einbehaltenen verrechneten SGB II-Leistungen seit September 2017 fordern. Er habe durch Versäumnisse während des vierjährigen Leistungsbezugs beim Antragsgegner erhebliche Nachteile erlitten. Der Bescheid vom 19.1.2018 sei rechtswidrig, da er verzögert bekannt gegeben worden sei. Der Antragsgegner habe monatelang Auskünfte verweigert. Die berücksichtigten Tatsachen seien fehlerhaft, das Behindertenrecht und der Meistbegünstigungsgrundsatz seien nicht berücksichtigt worden. Schließlich seien die Berechnungen falsch. Die Einnahmen seien erstmals Ende September 2017 zugeflossen, so dass eine Anrechnung nicht bereits ab 1.9.2017 erfolgen dürfe. Es seien höhere Absetzungen zu berücksichtigen. Der Antragsteller hafte nicht für die angebliche Überzahlung, da die Amtspfli...