Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Statthaftigkeit eines Befangenheitsantrags für ein Verfahren der Anhörungsrüge
Leitsatz (amtlich)
Ein Befangenheitsantrag im Rahmen eines Verfahrens der Anhörungsrüge ist grundsätzlich nicht statthaft und daher unzulässig.
Tenor
Die von der Beschwerdeführerin gestellten Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht A., den Richter am Landessozialgericht B. und die Richterin am Landessozialgericht C. werden als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Zu entscheiden ist über Befangenheitsgesuche in einem Verfahren einer Anhörungsrüge nach einem zu einer Nichtzulassungsbeschwerde ergangenen Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts (LSG).
Mit Beschluss vom 14.08.2020, L 11 AS 398/20 NZB, hat der 11. Senat des Bayer. LSG die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Nürnberg vom 08.06.2020 zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) hat anschließend mit Schreiben vom 22.08.2020, eingegangen beim LSG am 02.09.2020, betreffend das Aktenzeichen "L 11 AS 398/20 NZB u.a." "Anhörungsrüge und Antrag auf Befangenheit" gestellt und darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Befangenheit für alle anhängigen Verfahren gegen das Jobcenter A-Stadt gelte. Anhörungsrüge und Antrag auf Befangenheit würden sich gegen den Vorsitzenden Richter A., den Richter B. und die Richterin C. richten. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die Richter ungeachtet der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde zweifelsfrei im Absatz 2 auf Seite 4 ihres Beschlusses vom 14.08.2020 erklären würden, dass sie unbewiesenen und gegen die Tatsachen behaupteten Auffassungen ihrer Richterkollegin D. am SG Nürnberg den Vorrang geben würden vor schriftlichen Beweisen. Ohne Daten und Fakten zu benennen, würden die drei Richter die Beweise in allgemeinen Erklärungen untergehen lassen. Die Beweise würden das Gegenteil der richterlich festgeschriebenen Behauptungen belegen. Die Richter würden gegen die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beweise behaupten, dass die Ansprüche der Beschwerdeführerin von dem Beschwerdegegner zunächst wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht abgelehnt worden seien. Die Gerichte würden ganz offensichtlich diese gegen die Würde der Beschwerdeführerin gerichtete Unterstellung begehren, um sie als Rechtsverletzerin darzustellen, was ihrem Ansehen abträglich sei. Tatsächlich habe aber die Beschwerdeführerin zu keiner Zeit die Verletzung irgendeiner Mitwirkungspflicht zu verantworten gehabt, sondern der Beschwerdegegner. Die abgelehnten Richter des LSG würden das Denkmuster der Richterkollegin in Nürnberg übernehmen. "Den Richter am LSG Schweinfurt ist ebenfalls de jure untersagt, zu glauben - abträglich gegen eine Klägerin/Beschwerdeführerin" - so die Beschwerdeführerin auf Seite 5 ihres Schreibens vom 22.08.2020. Mutmaßungen und persönliche Meinungsäußerungen seien Richtern generell untersagt. Die von ihr als befangen abgelehnten Richter des LSG hätten sich durch Unterdrückung der Beweise aus dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin in gleicher Weise einer Vorverurteilung der Beschwerdeführerin schuldig gemacht wie die erstinstanzlichen Richter. Zudem hat die Beschwerdeführerin ausführlich erläutert, warum aus ihrer Sicht Befangenheitsgründe gegen die erstinstanzlich tätig gewordene Richterin bestanden hätten, diese aber bei der Entscheidung über den erstinstanzlich gestellten Befangenheitsantrag nicht richtig gewürdigt worden seien.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen.
II.
Das LSG entscheidet über die Ablehnungsgesuche der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 22.08.2020 gegen die drei in diesem Schreiben genannten Richter des 11. Senats durch Beschluss (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -), wobei die Entscheidung vorliegend ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter ergeht (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO).
Eine Einholung von dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter war wegen der Unzulässigkeit der Befangenheitsanträge (s. unten) nicht erforderlich. Eine dienstliche Stellungnahme ist nämlich nur dann einzuholen, "soweit das für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch notwendig und zweckmäßig ist" (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 23.10.2007, 9 A 50/07, 9 VR 19/07, 9 VR 21/07). Sind - wie hier - Befangenheitsanträge bereits unzulässig, ist die Einholung dienstlicher Stellungnahmen daher verzichtbar.
Die Ablehnungsgesuche sind unzulässig.
1. Auslegung des Schreibens vom 22.08.2020
Das Schreiben enthält Befangenheitsanträge gegen die drei in diesem Schreiben genannten Richter des 11. Senats, den Vorsitzenden Richter am LSG A., den Richter am LSG B. und die Richterin am LSG C., für das Verfahren der Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 14.08.2020.
Maßstab der Ausl...