Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit. Richterablehnung im Verfahren der Anhörungsrüge. Zulässigkeit des Befangenheitsantrags der Mitwirkung der abgelehnten Richter an der Entscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem offensichtlich unzulässigen Befangenheitsantrag können die abgelehnten Richter an der Entscheidung mitwirken.
2. Ein im Verfahren der Anhörungsrüge gestellter Befangenheitsantrag ist dann offensichtlich unzulässig, wenn er allein auf die Mitwirkung des abgelehnten Richters bei dem der Anhörungsrüge vorhergehenden Verfahren gestützt wird.
Tenor
Die vom Beschwerdeführer in dem am 12.09.2016 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangenen Schreiben ausgesprochene Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bayer. Landessozialgericht A. und der Richter am Bayer. Landessozialgericht B. und C. wegen Besorgnis der Befangenheit betreffend das Verfahren L 15 SB 142/16 RG wird als offensichtlich unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Es liegt ein schwerbehindertenrechtlicher Rechtsstreit im einstweiligen Rechtsschutz zugrunde.
Mit Beschluss vom 23.08.2016, Az.: L 15 SB 111/16 RG, dem Beschwerdeführer am 31.08.2016 zugestellt, verwarf der Senat die vom Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Senats vom 14.06.2016, Az.: L 15 SB 97/16 B ER, erhobene Anhörungsrüge als unzulässig.
Dagegen hat sich der Beschwerdeführer mit Eingang am 12.09.2016 beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) gewandt und Folgendes vorgetragen:
"Ich habe ein Recht auf ein ordentliches Gericht, aber auf keins die Tatsachen verdreht Gesetze bricht um Straftäter zu decken! ... Ihr sollt in der Hölle schmoren! Ihr u. euere Kindes-Kinder! ... Dieser Beschluss vom 23.08.2016 wird angefochten und für nichtig erklärt!"
Weiter hat er dem Senat "Korruption, Bestechlichkeit, Selbstjustiz, ... eine krankhafte Verfolgungsmentalität im Amt" und "Amtsmissbrauch" vorgeworfen.
Zudem hat er erklärt:
"Ich werde euch nie akzeptieren und von vornherein ablehnen!"
In einem Schreiben vom 14.10.2016 hat er nochmals seine Ansicht wiederholt, dass man den Senat "auch kein ordentliches Gericht nennen" könne, und daher den an das Gericht adressierten Wunsch ausgesprochen:
"Fährt allesamt zur Hölle!!!"
II.
Der in dem am 12.09.2016 beim LSG eingegangenen Schreiben enthaltene Befangenheitsantrag ist als offensichtlich unzulässig zu verwerfen.
Das LSG entscheidet über die Ablehnung durch Beschluss (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).
1. Auslegung des am 12.09.2016 beim Bayer. LSG eingegangenen Schreibens des Beschwerdeführers
Die in dem am 12.09.2016 beim LSG eingegangenen Schreiben vom Beschwerdeführer verwendete Formulierung
"Ich werde euch nie akzeptieren und von vornherein ablehnen!"
kann nur dahingehend verstanden werden, dass der Beschwerdeführer alle ihm namentlich bekannten Richter des 15. Senats, wie sie in den zuvor durchgeführten Verfahren des Beschwerdeführers tätig geworden sind, auch für das Verfahren der jetzt erhobenen weiteren Anhörungsrüge, die unter dem Aktenzeichen L 15 SB 142/16 RG geführt wird, als befangen ablehnen möchte. Dies hat er im Schreiben vom 14.10.2016 bestätigt.
Als Grund gibt er sinngemäß die im Ergebnis nicht seinen Erwartungen entsprechenden Entscheidungen des Senats in den der aktuellen Anhörungsrüge vorhergehenden Verfahren an, wenn er dem Gericht vorwirft, dass es "Tatsachen verdreht Gesetze bricht um Straftäter zu decken!" Denn im aktuellen Verfahren der weiteren Anhörungsrüge haben sich die Richter des 15. Senats noch überhaupt nicht geäußert.
2. Zuständigkeit für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag
Zuständig für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers ist der 15. Senat in der Besetzung mit den vom Beschwerdeführer abgelehnten Richtern. Entgegen § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO haben die abgelehnten Richter an der Entscheidung mitwirken können, da der Befangenheitsantrag offensichtlich unzulässig ist.
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) lässt "in den klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs" (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 20.07.2007, Az.: 1 BvR 3084/06) eine Selbstentscheidung der abgelehnten Richter über das Gesuch zu (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 02.06.2005, Az: 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01).
Nach der Rechtsprechung des BVerfG gerät bei strenger Beachtung der Voraussetzungen des Vorliegens eines klar unzulässigen, d.h. gänzlich untauglichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.07.2007, Az.: 1 BvR 3084/06), oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs eine Selbstentscheidung mit der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Konflikt, weil die Prüfung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraussetzt und deshalb keine Entscheidung in eigener Sache ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.06.2005, Az.: 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01). Dabei ist aber eine enge Auslegung der Voraussetzungen ge...