Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des Klageverfahrens. Schlichtungsverfahren. Effektiver Rechtsschutz
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Beschluss des LSG München vom 26.5.2014 - L 5 KR 124/14 B, der vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGG § 78; KHG § 17c Abs. 4b S. 3; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 7.2.2014 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Aussetzung eines Klageverfahrens.
Die Klägerin ist ein Klinikträger und macht für die stationäre Krankenhausbehandlung der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten V.B. in der Zeit vom 4. - 17.4.2012 mit Klage vom 22.10.2013 einen Restvergütungsanspruch iHv 935,08 € geltend.
Diese Klage hat das Sozialgericht Augsburg mit Beschluss vom 7.2.2014 zur Nachholung des notwendigen Schlichtungsverfahrens ausgesetzt.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 7.2.2014 aufzuheben.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet.
§ 78 SGG stützt eine Aussetzung des Klageverfahrens zur Nachholung eines Widerspruchsverfahrens nur im Falle einer Anfechtungs- sowie Verpflichtungsklage. Die Klägerin verfolgt ihr Rechtsschutzbegehren aber im Wege der allgemeinen Leistungsklage.
Eine analoge Anwendung des § 78 SGG verbietet vorliegend Art. 19 Abs. 4 GG. Mit dem Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013 (BeitrSchuldG; BGBl I 2013, Seite 2423) wurde mit Wirkung zum 1.8.2013 durch § 17c Abs 4b S 3 KHG ein obligatorisches Schlichtungsverfahren eingeführt für Abrechnungsstreitigkeiten, deren Streitwert unter 2.000 € liegt - wie hier. Der entsprechende Schlichtungsausschuss existiert im Freistaat Bayern nicht, seine Gründung ist nicht abzusehen. Bundesweit besteht keine Vereinbarung, in der das nach § 17c Abs. 4 Satz 8 KHG zu bestimmende Nähere des Schlichtungsverfahrens geregelt wäre. Mit dem Aussetzungsbeschluss bliebe daher der Klägerin vor dem Sozialgericht das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG auf unabsehbare Zeit verwehrt. Vor diesem Hintergrund ist eine analoge erweiternde Auslegung des § 78 SGG nicht möglich. Auf die Beschwerde der Klägerin wird daher der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 7.2.2014 aufgehoben.
Die Kostentragungspflicht sowie die Streitwertfestsetzung ist der Entscheidung vorbehalten, die den Rechtszug der ersten Instanz beendet.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet, § 177 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 6795772 |
NZS 2014, 588 |