Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Rehabilitation. Weiterbildungsmaßnahme. Ermessen. Einstweilige Anordnung. Antrag. Rechtsschutzbedürfnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsteller die begehrte Leistung nicht zuvor bei der Behörde beantragt hat.
2. Steht die beantragte Leistung (hier: berufliche Rehabilitation) im Ermessen der Behörde, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nur in Betracht, wenn das Ermessen auf Null reduziert ist, wenn also jede andere Entscheidung als eine Bewilligung der konkret beantragten Leistung rechtswidrig wäre.
Normenkette
SGB III § 97; SGB IX §§ 14, 33 Abs. 4; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes vom 11.07.2008 im Verfahren S 6 AL 292/08 ER (einstweiliger Rechtsschutz) wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen des Eilverfahrens die Kostenübernahme für ein Studium der (Europäischen) Betriebswirtschaftslehre an einer Fernuniversität als berufliche Rehabilitationsmaßnahme.
Die 1964 geborene Antragstellerin (ASt) beantragte bei der Antragsgegnerin (Ag) erstmals im Jahr 1998 Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, die mit Bescheid vom 10.02.2004 eingestellt wurden, nachdem die Klägerin ab dem 01.10.2003 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hatte. Nach Bestandskraft dieses Bescheides meldete sich die ASt im April 2004 bei der Ag und begehrte - unter Hinweis auf die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit - erneut Leistungen der beruflichen Rehabilitation.
In der Folgezeit beabsichtigte sie, einen Lehrgang zur Betriebswirtin für Sozialwesen bzw. zur Krankenhausbetriebswirtin zu absolvieren. Mit Schreiben vom 15.05.2006 teilte die Ag der ASt mit, dass eine Weiterbildung zur Krankenhausbetriebswirtin nicht möglich sei, weil insoweit eine vorhergehende Beratung noch nicht stattgefunden habe. Nach Anfrage des Bevollmächtigten der ASt teilte die Ag diesem mit Schreiben vom 18.08.2006 mit, dass es sich bei dem Hinweis vom 15.05.2006 nicht um eine ablehnende Entscheidung in Bezug auf eine konkrete Weiterbildungsmaßnahme gehandelt habe, und dass die ASt zur weiteren Klärung der beruflichen Rehabilitation zu einem Gespräch eingeladen werde.
Mit Bescheid vom 11.05.2007 teilte die Ag der ASt mit, dass sie das Rehabilitationsverfahren als abgeschlossen ansehe, weil die ASt zum 01.05.2007 ein neues Beschäftigungsverhältnis - bei der Fa F. - aufgenommen habe, von dem man ausgehe, dass dieser Arbeitsplatz gesundheitlich geeignet sei. Soweit zu einem späteren Zeitpunkt erneut Leistungen zur Teilhabe erforderlich sein sollten, sei ein neuer Antrag zu stellen. Der Eingang eines Widerspruches in Bezug auf diesen Bescheid findet sich nicht in den Akten.
Der Bevollmächtigte der ASt rügte mit Schriftsatz vom 28.02.2008, dass die ASt - entgegen der Ankündigung im Schreiben vom 18.08.2006 - noch immer nicht zu einem Gespräch hinsichtlich des weiteren Rehabilitationsverlaufes eingeladen worden sei. Hierauf erwiderte die Ag (Schreiben vom 14.03.2008), dass nach verschiedenen Gesprächen (Ende 2006/ Anfang 2007) das Rehabilitationsverfahren - nach Aufnahme einer Beschäftigung durch die ASt - mit bestandskräftigen Bescheid vom 11.05.2007 abgeschlossen worden sei, und man habe die ASt bereits am 03.03.2008 telefonisch auf die Notwendigkeit eines erneuten Antrages hingewiesen; die an die ASt übersandten Antragsunterlagen sollten zügig zurückgesandt werden, da auch die Leistungsträgerschaft des Rentenversicherungsträgers in Betracht zu ziehen sei.
Im Schriftsatz vom 28.03.2008 mahnte der Bevollmächtigte der ASt - mit der Ankündigung einer Untätigkeitsklage - eine eiligste Bearbeitung der Angelegenheit an, weil die ASt zum nächst möglichen Termin - im April 2008 - die Maßnahme beginnen wolle.
Mit Schreiben vom 05.04.2008 übersandte die ASt der Ag die Unterlagen in Bezug auf den erneuten Rehabilitationsantrag. Nach dem Vermerk auf dem Antragsformular wurden die Antragsunterlagen der ASt am 03.03.2008 ausgehändigt und gingen am 14.04.2008 bei der Ag ein.
Mit weiterem Schreiben vom 07.04.2008 machte der Bevollmächtigte der ASt geltend, dass bereits mit Schreiben vom 31.05.2007 die ASt persönlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.05.2007 eingelegt habe.
Am 15.04.2008 leitete die Ag den am 14.04.2008 schriftlich eingegangenen Rehabilitationsantrag - unter Hinweis auf § 14 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) - an den nach ihrer Auffassung zuständigen Rentenversicherungsträger (Bund) weiter.
Nachdem der Eingang eines Schreibens vom 31.05.2007 in den Akten der Ag nicht zu verzeichnen war, fasste diese das Schreiben vom 07.04.2008 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.05.2007 auf und wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2008 wegen Verfristung als unzulässig zurück.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die ASt am 21.05.2008 Klage (S 6 AL 254/08) zum Sozialgericht Nürnber...