Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Gerichtskosten. Aktenversendungspauschale. gemeinsamer Versand mehrerer Akten zu unterschiedlichen Verfahren. Begriff der "Sendung". unterschiedliche Regelungsbereiche von GKVerz und RVG-VV
Leitsatz (amtlich)
1. Die Pauschale nach Nr 9003 KV GKG (juris: GKVerz) deckt nur die Auslagen für Transport- und Verpackungskosten ab, nicht jedoch gerichtsinterne Kosten wie etwa personellen Aufwand für das Heraussuchen und die Versandfertigmachung der Akten.
2. Bei dem von der Geschäftsstelle veranlassten Versand mehrerer Akten zu unterschiedlichen Verfahren - hier mit einem gemeinsamen Übersendungsschreiben - liegt nur eine "Sendung" iS der Nr 9003 KV GKG vor.
Orientierungssatz
Beim GKVerz und dem RVG-VV handelt es sich um zwei voneinander unabhängige Regelungswerke mit unterschiedlichen Zielrichtungen. Regelungen und Rechtsgedanken des RVG können daher grundsätzlich nicht auf das GKG 2004 übertragen werden.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21.06.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Streitig ist der dreifache Ansatz der Aktenversendungspauschale.
Der Erinnerungsführer und Beschwerdegegner (nachfolgend: Bg) ist der Bevollmächtigte des früheren Klägers der Verfahren S 21 KA 1120/02 (fortgesetzt unter S 21 KA 265/11), S 21 KA 1728/02 (fortgesetzt unter S 21 KA 266/11) sowie S 21 KA 1729/02 (fortgesetzt unter S 21 KA 267/11). Am 20.02.2014 nahm der frühere Kläger, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, alle drei Klagen zurück. Mit Beschlüssen des Sozialgerichts München (nachfolgend: SG) jeweils vom 02.04.2014 wurden dem Kläger die Kosten der Verfahren auferlegt und der Streitwert jeweils auf 5.000,00 € festgesetzt.
Zu den drei Verfahren ergingen am 29.04.2014 Gerichtskostenfeststellungen. Am 08.05.2014 bestellte sich der Bg als Bevollmächtigter für den früheren Kläger, legte gegen die Gerichtskostenfeststellungen jeweils Erinnerung ein und beantragte Akteneinsicht. Die Erinnerungen erhielten die Aktenzeichen S 22 SF 212/14 E (S 21 KA 265/11), S 22 SF 213/14 E (S 21 KA 266/11) und S 22 SF 214/14 E (S 21 KA 267/11).
Dem Bg wurden mit einem gerichtlichen Anschreiben vom 28.05.2014 die Klageakten S 21 KA 265/11, S 21 KA 266/11 und S 21 KA 267/11 in einer gemeinsamen Sendung übersandt. Nach Hinweis des Erinnerungsführers, dass er noch nicht alle Klageakten erhalten habe und die alten Klageakten fehlen würden, wurden ihm mit einem weiteren gerichtlichen Anschreiben vom 11.06.2014 die fehlenden Klageakten ebenfalls in einer Sendung übersandt.
Nachdem über die Erinnerungen mit Beschlüssen des SG jeweils vom 18.09.2014 entschieden worden war, wurden mit drei Gerichtskostenfeststellungen vom 05.11.2014 von dem früheren Kläger und damaligen Erinnerungsführer in jedem Verfahren 24,00 € angefordert. In Ansatz gebracht wurden jeweils zwei Aktenversendungspauschalen in Höhe von 12,00 € gemäß § 197 a Abs. 1 SGG, § 3 Abs. 2 GKG, Nr. 9003 KV GKG. Hiergegen hat der Kläger und damalige Erinnerungsführer am 22.10.2014 jeweils Erinnerung eingelegt. Es könne insgesamt für alle drei Verfahren nur eine Aktenversendungspauschale in Ansatz gebracht werden, da die Gerichtsakten jeweils in einer Sendung übersandt worden seien. Dass die Akten bei der ersten Versendung nicht vollständig gewesen seien, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Mit Beschlüssen vom 11.03.2015 wurde den Erinnerungen abgeholfen und die Gerichtskosten für die Verfahren S 22 SF 212/14 E, S 22 SF 213/14 E, S 22 SF 214/14 E jeweils auf 4,00 € festgesetzt. Der Kostentatbestand der Nr. 9003 KV GKG sei nur noch und so oft verwirklicht, wie tatsächlich Auslagen in Form vom Transport- und Verpackungskosten entstehen. Da - zweimal - drei Aktenstücke in einer Sendung versandt worden seien, sei die Auslagenpauschale zwei Mal angefallen. Nach § 21 GKG sei jedoch von der Kostenerhebung für die zweite Aktenübersendung abzusehen, da bei richtiger Sachbehandlung eine zweite Übersendung nicht erforderlich gewesen wäre. Da nach der amtlichen Vorbemerkung 9 KV Auslagen, die durch verschiedene Rechtssachen veranlasst seien, auf diese angemessen zu verteilen seien, sei für jedes Erinnerungsverfahren ein Drittel der Pauschale, somit 4,00 € in Ansatz zu bringen.
Die Beschwerden der Staatskasse hat das Bayerische Landessozialgericht (nachfolgend: BayLSG) mit den Beschlüssen vom 21.04.2016 (Az.: L 15 SF 72/15 E, L 15 SF 73/15 E und L 15 SF 74/15 E) zurückgewiesen. Die Beschwerden seien schon deshalb unbegründet, weil von dem früheren Kläger keine Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV GKG habe erhoben werden dürfen. Der frühere Kläger sei nicht Schuldner der Pauschale, da er die Übersendung der Akten nicht beantragt habe. Schuldner sei vielmehr der jetzige Bevollmächtigte des früheren Klägers, wie sich aus den Gründen des Beschlusses des Bayerischen Landessozialgerichtes vom 19.04.2016, L 15 SF 71/15, ergebe.
In der Folge wurden durch Gerichtskostenfeststellung vom 09.05.2016 in dem Verfahren S 22 SF 2...