Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung: Vollstreckung rückständiger Beitragsforderungen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Zwangsvollstreckung auf der Grundlage von § 66 Abs. 4 SGB X sind unter anderem grundsätzlich statthaft: Vollstreckungsabwehrklage; Klage nach §§ 785, 780, 767 ZPO; spezifische Rechtsbehelfe gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel.
2. Zum Wesen so genannter Forderungsbescheide.
3. Zur Frage, ob Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung Nachlassverbindlichkeiten sind (hier verneint).
Orientierungssatz
Der Regelungsgehalt von Forderungsbescheiden besteht darin, zum Zweck der Zwangsvollstreckung einen Zahlungsrückstand beziehungsweise ein "Kontominus" zu einem bestimmten Stichtag verbindlich festzustellen und die Zahlung anzuordnen. Die vollstreckbare Ausfertigung eines Forderungsbescheids ist Vollstreckungstitel. Forderungsbescheide treffen keine Regelungen, für ein bestimmtes Jahr sei ein bestimmter Beitrag zur Unfallversicherung entstanden.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten trägt der Kläger und Beschwerdeführer. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft einen Antrag auf Prozesskostenhilfe in einem Klageverfahren, zu dem es im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens nach § 66 Abs. 4 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) gekommen ist. Gegenstand der Vollstreckung sind Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung samt Säumniszuschlägen und Kosten.
Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) ist Mitglied einer Erbengemeinschaft mit seinen drei Geschwistern in Bezug auf den Nachlass seines Vaters sowie seiner Mutter. Zu dem - anscheinend noch ungeteilten - Nachlass gehören verschiedene Waldgrundstücke. Seit langem erhebt die Beklagte und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) deswegen unter Annahme eines Unternehmens der Forstwirtschaft Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Der Beschwerdeführer wehrt sich dagegen seit jeher insbesondere mit dem Argument, die Erbengemeinschaft betreibe gerade kein Unternehmen der Forstwirtschaft. In der Angelegenheit waren beziehungsweise sind zahlreiche sozialgerichtliche Verfahren zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin anhängig.
Es kam auch bereits zu Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts S-Stadt vom 25.08.2015 (Gz.: 1 M 1635/15) hat der Beschwerdeführer zum Anlass genommen, beim Sozialgericht Nürnberg eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu erheben (Klageerhebung am 21.10.2015) und insoweit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines Anwalts zu beantragen.
Mit dem Beschluss des Amtsgerichts S-Stadt vom 25.08.2015 ist die Pfändung und Überweisung der Ansprüche des Klägers gegen seine Geschwister im Wesentlichen auf Auseinandersetzung des Erbes nach seinem Vater erfolgt; die zugrundeliegenden Ansprüche belaufen sich auf 7.980,09 EUR. Dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss liegen als Vollstreckungstitel Forderungsbescheide vom 10.02.2012, 07.09.2012, 16.05.2013 und 09.07.2014 zugrunde.
- Mit dem Bescheid vom 10.02.2012 wurde ein Forderungsbescheid vom 16.02.2009 aufgehoben. Zudem wurde zum Stichtag 09.02.2012 für das Beitragskonto der Erbengemeinschaft ein Beitragsrückstand von 3.534,89 EUR (Beiträge 2003 bis einschließlich 2010) zzgl. Mahngebühren, Säumniszuschläge und Kosten (insgesamt 4.639,39 EUR) festgestellt. Der Kläger wurde zur Begleichung innerhalb einer Woche aufgefordert.
- Mit dem Bescheid vom 07.09.2012 wurde ein Forderungsbescheid vom 16.03.2012 aufgehoben. Zudem wurde zum Stichtag 06.09.2012 für das Beitragskonto der Erbengemeinschaft ein Beitragsrückstand von 359,74 EUR (Beiträge 2011) zzgl. Mahngebühren, Säumniszuschläge und Kosten (insgesamt 392,69 EUR) festgestellt. Der Kläger wurde zur Begleichung innerhalb einer Woche aufgefordert.
- Mit dem Bescheid vom 16.05.2013 wurde zum Stichtag 16.05.2013 für das Beitragskonto der Erbengemeinschaft ein Beitragsrückstand von 493,52 EUR (Beiträge 2012) zzgl. Mahngebühren und Säumniszuschläge (insgesamt 508,27 EUR) festgestellt. Der Kläger wurde zur Begleichung innerhalb einer Woche aufgefordert.
- Mit dem Bescheid vom 09.07.2014 wurde zum Stichtag 16.06.2014 für das Beitragskonto der Erbengemeinschaft ein Beitragsrückstand von 668,69 EUR (Beiträge 2013) zzgl. Mahngebühren und Säumniszuschläge (insgesamt 684,44 EUR) festgestellt. Der Kläger wurde zur Begleichung innerhalb einer Woche aufgefordert.
Das Sozialgericht Nürnberg hatte in ein und derselben Angelegenheit zwei Klageverfahren eingetragen (S 8 U 6031/15 und S 8 U 6033/15) Mit Beschluss vom 18.11.2015 hat es die beiden Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen S 8 U 6031/15 fortgeführt.
Vor dem Sozialgericht hat der Beschwerd...