Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Regelung hinsichtlich des Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind nach § 307d Abs 1 Nr 1 SGB 6
Leitsatz (amtlich)
Soweit § 307d Abs 1 Nr 1 SGB VI einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind pauschal von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt abhängig macht, liegt in der insoweit bestehenden Benachteiligung gegenüber Versicherten, welche am 30.6.2014 noch keine Rente bezogen haben, kein Verstoß gegen Art 3 GG.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. April 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
III. Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten.
Die 1952 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und Mutter von insgesamt vier Kindern (A., E., S. und B.), welche alle vor 1992 zur Welt kamen. Mit Bescheid vom 02.03.2007 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01.10.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung. In dem als Anlage beigefügten Versicherungsverlauf waren entsprechend den bisherigen Feststellungen für die 1976 geborene Tochter A. Kindererziehungszeiten von 01.03.1976 bis 31.01.1977 (11 Monate) ausgewiesen, für die übrigen Kinder Erziehungszeiten von jeweils einem Jahr nach dem Ablauf des Geburtsmonats.
Aufgrund der zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Neufassung des § 249 Abs. 1 SGB VI (Verlängerung der Erziehungszeiten auf zwei Jahre für Geburten vor 01.01.1992) wurde die Rente der Klägerin mit Bescheid vom 09.08.2014 neu festgestellt. Hierbei berücksichtigte die Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (§ 307d SGB VI) einen Zuschlag von jeweils einem persönlichen Entgeltpunkten für die Kinder E., S. und B. Für die Tochter A. wurde kein Zuschlag vorgenommen.
Mit Schreiben vom 05.09. und 15.10.2014 wandte sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung weitere Erziehungszeiten für ihre Tochter A. und legte eine Meldebestätigung der Stadt A-Stadt vom 09.09.2014 vor, wonach A. von 04.01.1977 bis zum 02.05.1977 nach K./Türkei abgemeldet worden war. Für den Auszug aus der elterlichen Wohnung in A-Stadt wurde zunächst der 04.02.1977 angegeben. Auf Nachfrage der Beklagten wurde diese Bestätigung mit Datum vom 05.11.2014 amtlich berichtigt; als Auszugsdatum aus der elterlichen Wohnung wurde der 04.01.1977 eingesetzt.
Mit Bescheid vom 11.11.2014 lehnte die Beklagte eine Änderung der mit Bescheid vom 09.08.2014 neu festgestellten Rente ab. Ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten gemäß § 307d SGB VI könne für A. nicht erfolgen, da sich diese im zwölften Kalendermonate nach dem Monat ihrer Geburt nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe und damit in diesem für die Anerkennung des zweiten Lebensjahres maßgeblichen Kalendermonat im Versicherungsverlauf der Klägerin eine Belegung mit Kindererziehungszeiten nicht bestehe.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 02.12.2014 Widerspruch ein. Sie habe ihre Tochter zum damaligen Zeitpunkt nicht abgemeldet. Wer die Abmeldung veranlasst habe, sei ihr nicht bekannt. Auch das Einwohnermeldeamt könne aufgrund der zurückliegenden Zeit diese Abmeldung nicht mehr klären. Weitere Dokumente bezüglich des Aufenthalts ihrer Tochter im Jahr 1977 könne sie nicht vorlegen. Mit Bescheid vom 22.12.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tochter A. sei im maßgeblichen zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt (angegeben wird hier der März 1977) im Ausland erzogen worden. Kindererziehungszeiten könnten aber nur bei einer Erziehung in Deutschland angerechnet werden. Damit könne ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für das zweite Lebensjahr des Kindes nicht erfolgen.
Am 05.01.2015 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG). Ihr Kind habe ununterbrochen in Deutschland gelebt. Die Abmeldebescheinigung der Stadt A-Stadt sei falsch. Die Klägerin legte mit Datum vom 05.01.2015 eine von zwei namentlich benannten Personen unterschriebene Bestätigung vor, mit welcher diese ohne nähere Ausführungen zusichern, dass sich die Tochter A., geboren 1976 "im ersten Lebensjahr am Geburtsort aufgehalten" habe.
Mit Urteil vom 23.04.2015 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten als unbegründet ab. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Feststellungen für die Tochter A. auf einem zeitnah ergangenen Vormerkungsbescheid vom 13.06.1989 beruhten und diese im Übrigen durch die amtliche Auskunft der Stadt A-Stadt bestätigt würden. Die vorgelegten Aussagen hinsichtlich des Aufenthaltsorts eines Kleinkindes im Jahr 1977 hielt das Gericht zu Entkräftung dieser Urkunde für nicht geeignet.
Gegen das am 18.07.2015 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 14.08.2015 Berufung ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen der V...