Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht von nicht regelmäßig wiederkehrenden Kapitalleistungen aus Direktversicherungen
Orientierungssatz
Nicht regelmäßig wiederkehrende Kapitalleistungen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt werden, unterliegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 23.01.2017 wird zurückgewiesen.
2.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aus der Kapitalauszahlung einer Direktversicherung Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu zahlen hat.
Der 1948 geborene Kläger ist seit dem 01.01.2011 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert.
Im November 2011 wurde die Beklagte vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, die B., über die Auszahlung eines kapitalisierten Versorgungsbezuges in Höhe von 24.825,01 € in Kenntnis gesetzt, der in vier Raten an den Kläger ausbezahlt wurde. Die erste Ratenzahlung (6.206,25 €) erfolgte zum 31.10.2011, die weiteren im Januar 2012, Januar 2013
und Januar 2014.
Die Beklagte teilte dem Kläger - auch im Namen der der Pflegekasse der Beklagten - mit Bescheid vom 26.04.2012 mit, dass die ab 31.10.2011 ausgezahlte Kapitalleistung von insgesamt 24.825,01 € der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Bei Verteilung der Auszahlungssumme auf 120 Monate ergebe sich ein beitragspflichtiger Zahlbetrag von monatlich 206,87 €, für den ab dem 01.11.2011 monatliche Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge festgesetzt würden.
Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 zurück.
Im Januar 2014 informierte die A. Lebensversicherung a.G. die Beklagte darüber, dass an den Kläger zum 31.01.2014 ein kapitalisierter Versorgungsbezug in Höhe von 63.257,73 € ausgezahlt werde.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.02.2014 setzte die Beklagte - auch für die Pflegekasse - den monatlichen Beitrag des Klägers hieraus zur Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 01.02.2014 fest. Dabei berücksichtigte sie die ausgezahlte Kapitalleistung mit monatlich 1/120 für den Zeitraum vom 01.02.2014 bis 31.01.2024, d.h. mit 527,15 € monatlich. Unter Berücksichtigung der bereits für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.10.2021 festgesetzten Beiträge aus monatlich 206,87 €, resultierend aus der Kapitalleistung der B., errechnete die Beklagte für die Zeit ab 01.02.2014 monatliche Beiträge zur KV und PV aus Versorgungsbezügen von insgesamt 734,02 € (206,87 € + 527,15 €).
Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2014 Widerspruch erhoben. Die Leistung aus der Kapitallebensversicherung der A. Lebensversicherung a.G. unterliege nicht der Beitragspflicht. Die Kapitallebensversicherung sei am 01.01.1990 mit einer Versicherungssumme in Höhe von 32.932,82 € abgeschlossen worden. Die Beiträge in Höhe von monatlich 127,82 € seien vom Kläger ausschließlich aus steuer- und versicherungspflichtigem Einkommen getragen worden und hätten sich bis zum Ruhen der Versicherung ab 01.01.2011 auf insgesamt 30.676,80 Euro belaufen. Allein diese geleisteten Versicherungsbeiträge, nicht aber der Kapitalertrag dürfe nach geltendem Recht bei einem gesetzlich Versicherten für eine Beitragsberechnung der Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch - auch im Namen der Pflegekasse - mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2014 zurück. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen versicherungspflichtiger Rentner zählten neben der gesetzlichen Rente auch Versorgungsbezüge (§ 237 SGB V). Als Versorgungsbezüge würden Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung gelten, die unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zuflössen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zählten zu den Versorgungsbezügen nicht nur Leistungen, die ganz oder zum Teil vom Arbeitgeber finanziert worden seien, sondern auch solche Bezüge, zu denen allein der Arbeitnehmer beigetragen habe. Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 sei im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung u. a. geregelt, dass ab 01.01.2004 auch Versorgungsbezüge, die als Kapitalleistungen gezahlt werden, der Beitragspflicht unterlägen. Zu diesem Thema seien Musterrechtsstreite geführt worden. Das BSG habe die Beitragspflicht von Kapitalleistungen in mehreren Entscheidungen bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe die einschlägigen Regelungen und ihre Anwendung durch die Krankenkassen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (Beschluss vom 07.04.2008, 1 BvR 1924/07).
Im anschließenden ...