Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Verlust des Anspruchs auf Krankengeld bei verspäteter ärztlicher Feststellung fortdauernder Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V beruht auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis.

2. Wird durch die Arztpraxis nach einer Behandlung der Termin für die nächste Behandlung so vergeben, dass dadurch eine Lücke bei den Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit entsteht, führt diese Lücke zum Verlust des Anspruchs auf Krankengeld, wenn dann kein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch besteht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.08.2018; Aktenzeichen B 3 KR 35/18 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.04.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Weiterzahlung von Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus.

Die 1968 geborene Klägerin war zunächst als Arbeitnehmerin bei der Beklagten gegen Krankheit pflichtversichert. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.06.2015 von Seiten des Arbeitgebers während der Probezeit gekündigt.

Ab dem 17.06.2015 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig wegen der Diagnose S 93.2 GR [gesichert Außenbandruptur des Sprunggelenks rechts]. Laut Erstbescheinigung des Facharztes für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. L. vom 17.06.2015 bestand Arbeitsunfähigkeit vom 17.06.2015 bis voraussichtlich 03.07.2015, festgestellt am 17.06.2015.

Eine Folgebescheinigung vom 06.07.2015 stellt Arbeitsunfähigkeit seit 17.06.2015 bis voraussichtlich 27.07.2015 fest, festgestellt am 06.07.2015.

Mit Schreiben vom 07.07.2015 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung von Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus ab. Das Beschäftigungsverhältnis habe am 30.06.2015 geendet. Die daraus resultierende Versicherungspflicht habe aufgrund des laufenden Krankengeldbezuges fortbestanden und mit dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit am 03.07.2015 geendet. Zum Zeitpunkt der Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit habe daher keine Versicherung mit Krankengeldanspruch mehr bestanden. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass die Erkrankung durchgehend Arbeitsunfähigkeit begründet habe.

Am 27.07.2015 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung gab sie an, sie habe im Juni mit einer Sachbearbeiterin der DAK telefoniert. Diese habe sie nicht auf die Regelung der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Der behandelnde Orthopäde habe sie am 06.07.2015 terminlich einbestellt. Sie legte ein Schreiben von Dr. L. vom 08.07.2015 vor. Darin bestätigt dieser, dass die Klägerin aufgrund der festgestellten Bandruptur seit 17.06.2015 durchgehend bis 27.07.2015 arbeitsunfähig erkrankt sei. Der aus Versehen nicht erfasste Zeitraum 04.07. bis 05.07.2015 sei darin eingeschlossen. Weitere Folgebescheinigung liegen vor: bis 09.08.2015, festgestellt am 27.07.2015, bis 31.08.2015, festgestellt am 10.08.2015.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2015 gab die Beklagte dem Widerspruch nicht statt. Zwar sei ein Krankengeldanspruch am 18.06.2015, am Tag nach der ärztlichen Feststellung am 17.06.2015 gemäß §§ 44, 46 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -SGB V- entstanden. Der Anspruch auf Krankengeld habe jedoch mit dem 03.07.2015 geendet, da die Klägerin nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen sei. Bis zum 03.07.2015 sei ihre Mitgliedschaft aufgrund des Krankengeldbezuges erhalten geblieben (§ 192 SGB V). Spätestens am letzten Tag der Mitgliedschaft hätte das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen und ärztlich festgestellt werden müssen. Die Arbeitsunfähigkeit sei erst durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 06.07.2015 nachgewiesen worden, deshalb habe das Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld bereits mit Ablauf des 03.07.2015 geendet. Für den lückenlosen Nachweis wäre es notwendig gewesen, nicht erst am Montag, den 06.07.2015, sondern bereits am Freitag, den 03.07.2015, die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit einem beim Sozialgericht Würzburg (SG) am 28.09.2015 eingegangenen Schreiben Klage erhoben. Im Wesentlichen hat sich dieser auf den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 03.03.2015, Az. S 19 KR 10/15 ER berufen, das es für ausreichend erachte, dass jedenfalls ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit vorliege. Diese ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit habe Dr. L. bestätigt.

Die Beklagte hat auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 29.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit am 08.06.2016 eingegangenen Schreiben gegen das dem Bevollmächtigten zugestellte Urteil am 06.06.2016 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung hat er auf sein Vorb...

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