Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit eines Befangenheitsantrags in einem Anhörungsrügeverfahren
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Befangenheitsantrag in einem offensichtlich unzulässigen Anhörungsrügeverfahren gestellt, so ist dieser unzulässig.
Tenor
Das Gesuch, die Richter des 7. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Im Anhörungsrügeverfahren begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahren L 7 AS 587/19 B ER.
Im Verfahren L 7 AS 587/19 B ER beantragte der Antragsteller unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Augsburg vom 13.08.2019 die vorläufige Leistungsgewährung für die Zeit ab dem 01.02.2019 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, die Gewährung der Mietkaution in Höhe von 1560 € sowie den Ersatz des ihm durch Zeitverzögerung entstandenen Schadens.
Mit Beschluss des erkennenden Senats vom 17.12.2019 wurde die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13.08.2019 zurückgewiesen und der Antrag auf Schadenersatz abgelehnt. Das Sozialgericht habe zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, soweit Schadenersatz gefordert werde liege eine unzulässige Antragserweiterung vor. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 20.12.2019 zugestellt.
Am 09.01.2020 hat der Antragsteller eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 17.12.2019 erhoben und in einem gesonderten Schreiben gleichen Datums ein Ablehnungsgesuch gegen die Richter A., B. und C. gestellt. Das Gericht habe sich mit dem Beschluss vom 17.12.2019 in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und dem Antragsteller das rechtliche Gehör verweigert. Das Gericht habe den substantiierten Sachvortrag des Antragstellers nicht berücksichtigt. Ihm fehle offensichtlich die Bereitschaft, Prozessvorbringen des Antragstellers vollständig zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen. Außerdem habe das Gericht ihm nicht mitgeteilt, welcher Richter das Schreiben vom 22.11.2019 angeordnet habe. Mit diesem Schreiben wurde ein Antrag vom 18.11.2019 auf weitere Fristverlängerung zur Beschwerdebegründung abgelehnt.
Die Richter des erkennenden Senats haben sich zu dem Befangenheitsantrag dienstlich geäußert.
Darauf hat der Antragsteller erklärt, dass die abgelehnten Richter auch in ihrer dienstlichen Stellungnahme eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Schriftsätzen des Antragstellers verweigern und damit fortdauernd das rechtliche Gehör verletzen würden.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Das nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 42 ff Zivilprozessordnung (ZPO) gestellte Ablehnungsgesuch ist unzulässig.
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 42 ZPO ist ein Richter auf das zulässige Ablehnungsgesuch eines Verfahrensbeteiligten von der Ausübung des Richteramtes im Rechtsstreit auszuschließen, in dessen Person gesetzliche Ausschließungsgründe vorliegen oder der die Besorgnis der Befangenheit begründet (§ 42 Abs. 1 ZPO). Die Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO).
Ein Ablehnungsgesuch muss rechtzeitig geltend gemacht werden. Es ist nur bis zur Beendigung der Instanz zulässig, und zwar auch dann, wenn der Beteiligte erst nach Verkündung der Entscheidung Kenntnis von dem Befangenheitsgrund erhalten hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 60, Rn. 7 m.w.N). Mit dem Eintritt der Rechtskraft kann ein Befangenheitsantrag in zulässiger Form nicht mehr gestellt werden.
Wird in einem Anhörungsrügeverfahren, das einer unanfechtbaren, das Verfahren rechtskräftig abschließenden Entscheidung nachfolgt, ein Befangenheitsantrag gestellt und ist die Anhörungsrüge offensichtlich unzulässig, wie vorliegend, so ist auch der Befangenheitsantrag unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22.11.2006, 1 StR 180/06; vom 13.02.2007, 3 StR 425/06; vom 11.04.2013, 2 StR 525/11).
Die Anhörungsrüge gemäß § 178a SGG dient der Korrektur von Gehörsverstößen durch
das Gericht, das die in Rede stehende, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidung getroffen hat. Die Anhörungsrüge gibt dem "iudex a quo" die Möglichkeit, einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör durch erneute Sachprüfung selbst abzuhelfen. Sie ist kein Rechtsmittel, sondern ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung unberührt lässt (vgl. BT-Drs. 15/3706 S.14). Sonstige Rechtsfehler inhaltlicher oder formeller Art sind grundsätzlich nicht Gegenstand des Anhörungsrügeverfahrens. Daher ist auch eine etwaige Befangenheit von Gerichtspersonen, die an der angegriffenen Entscheidung mitgewirkt haben unbeachtlich (vgl. Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.06.2016, 1 S 783/16, Rn. 6; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.06...