Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche bzw psychotherapeutische Versorgung. Beschluss. erweiterter Bewertungsausschuss vom 31.8.2011. Berechnung der Betriebskosten in psychotherapeutischen Praxen für die 1. Quartale 2007 bzw 2008
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorgaben im Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 31.8.2011 zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entspricht im Jahr 2007 nicht in vollem Umfang, im Jahr 2008 in vollem Umfang höherrangigem Recht.
2. Der Erweiterte Bewertungsausschuss verlässt seinen Gestaltungsrahmen, wenn er für das Jahr 2007 als Grundlage für die Festlegung der Betriebskosten in psychotherapeutischen Praxen auf ältere Daten des ZI abstellt, obwohl eine aktuellere Kostenstrukturanalyse des ZI vorliegt.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin vom 18.09.2014 wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014 (Az.: S 38 KA 262/13) sowie der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal 1/2007 vom 10.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2013 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, über den Honoraranspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
II. Die Berufung der Klägerin vom 18.09.2014 gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014 (Az.: S 38 KA 263/13) wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens S 38 KA 263/13, die Beklagte diejenigen des Verfahrens S 38 KA 262/13.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zur Hälfte und die Beklagte und die Beigeladene zu 1) jeweils zu einem Viertel.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung zeitgebundener genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen des Kapitels 35.2 EBM für das 1. Quartal 2007 und 2008 streitig und hierbei insbesondere die Frage, in welcher Höhe die Betriebskosten zu berücksichtigen sind.
I.
Die Beklagte hat mit Honorarbescheiden vom 10.07.2007 (Quartal 1/2007), 10.10.2007 (Quartal 2/2007), 09.01.2008 (Quartal 3/2007) und 09.04.2008 (Quartal 4/2007) das Honorar der Klägerin für die Quartale 1 bis 4/2007 festgesetzt.
Hiergegen richten sich die Widersprüche der Klägerin vom 21.07.2007, 22.10.2007, 13.01.2008 und 13.04.2008. Der der Honorarzuteilung zugrunde liegende Bewertungsausschussbeschluss vom 29.10.2004 setze das BSG-Urteil vom 28.01.2004 zur Vergütung der Psychotherapie nur unzureichend um. Zum einen sei der zu niedrige Ansatz der Praxiskosten für eine psychotherapeutische Praxis zu kritisieren. Die Modellrechnung des BSG erachte ausdrücklich Kosten von etwa 46.000,00 Euro für erforderlich, um eine psychotherapeutische Praxis auf Dauer wirtschaftlich und professionell zu führen. Zum anderen seien die vorgenommenen Abzüge vom durchschnittlichen Praxisumsatz der Vergleichsarztgruppen, z. B. für Leistungen des Kapitels O und U aus dem EBM 1996 oder belegärztliche Leistungen in keiner Weise durch das Urteil gedeckt. Zum Dritten werde die Ausgrenzung der besonderen Kostenträger aus dem Umsatz der Vergleichsarztgruppen beanstandet. Aufgrund aller drei Faktoren werde durch den vorliegenden Beschluss des Bewertungsausschusses und die Umsetzung durch die KV-Bayern die Modellberechnung des BSG leider wieder zu Lasten der Psychotherapeuten verschoben. Darüber hinaus sei das Absenken des Punktwertes für die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen zu beanstanden. Die Stützung der genehmigungspflichtigen Leistungen durch das Absenken des Punktwertes für die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen entspreche mitnichten der erforderlichen Honorargerechtigkeit. Es sei eine Tatsache, dass die Honorare für die Nachzahlungen auch dem regulären Honorarfonds für die Psychotherapie zuzuführen seien. Das den Psychotherapeuten jahrelang vorenthaltene Honorar müsse selbstverständlich auch den aktuell gültigen Honorarfonds zugerechnet werden. Auch die dem neuen EBM 2000plus zugrunde liegende, vermeintlich betriebswirtschaftliche Kalkulation der Praxiskosten müsse ernsthaft angezweifelt und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden. Mit einem weiteren Schreiben vom 29.10.2012 des bayerischen Landesverbandes im Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bwp) und des Deutschen Psychotherapeutenverbandes (DPTV) wurde ergänzend vorgetragen, dass der feste Kostenansatz psychotherapeutischer Praxen in Höhe von 40.634,00 Euro, wie er vom Bewertungsausschuss in seinen Berechnungen zur Angemessenheit der Vergütungen in der Psychotherapie gemäß § 87b SGB V seit 2002 verwendet werde, die Realität der Kosten in den Jahren 2007 und 2008 nicht angemessen abbilde. Auch die gemäß Beschluss des Bewertungsausschusses vom 31.08.2011 neu festgesetzte Betriebskostenhöhe für 2008 in Höhe von 42.974,00 Euro sei unzureichend. Die geplanten Musterklagen 2007 und 2008 würden sich folgericht...