Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeldanspruch. Zuordnung des Urlaubsentgeltes zum Insolvenzgeldzeitraum. tarifliche Regelung des Auszahlungszeitpunktes bei Urlaubsantritt. Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes durch Betriebsvereinbarung. Berücksichtigung von Mehrarbeitszuschlägen
Leitsatz (amtlich)
1. Sieht ein Manteltarifvertrag ein bei Urlaubsantritt auszuzahlendes Urlaubsentgelt im Umfang des 1,5 fachen zuvor erzielten Arbeitsentgeltes vor, kann auch bei zulässigerweise abweichend geregeltem Auszahlungszeitpunkt bzgl des Urlaubsgeldanteils bei der Bemessung des Insolvenzgeldes nur Urlaubsentgelt bzw Urlaubsgeld berücksichtigt werden, soweit im Insolvenzgeldzeitraum tatsächlich Urlaub genommen worden ist.
2. Ist während des Insolvenzgeldzeitraums eine Gleitzeitregelung außer Kraft gesetzt worden, sind bei der Bemessung des Insolvenzgeldes auch tarifvertraglich vorgesehene Überstundenzuschläge zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 01.10.2014 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Abänderung ihrer Bescheide vom 06.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2013 im Hinblick auf die ungekürzte Berücksichtigung des für das gesamte Jahr 2012 zustehenden zusätzlichen Urlaubsgeldes bei der Berechnung des Insolvenzgeldes verurteilt worden ist. Die Klage wird insoweit abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe von Insolvenzgeld für die Zeit vom 15.05.2012 bis 14.08.2012.
Der Kläger war seit 01.03.1997 bei der Firma Z. GmbH in B-Stadt (Z) beschäftigt. Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung Nr. 02/10 vom 22.12.2010 war geregelt, dass abweichend von § 18 C. 2. des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23.06.2008/15.09.2008 (MTV) die Auszahlung des Urlaubsgeldes unabhängig von der zeitlichen Lage des Urlaubes mit der Entgeltabrechnung des Monats Juni eines jeden Jahres erfolge. Die Betriebsvereinbarung gelte erstmals für 2011 und sei frühestens zum 31.12.2012 kündbar. Die entsprechende Vorschrift des MTV sieht in § 18 C. 2. vor, dass Urlaubsentgelt bei Urlaubsantritt auszuzahlen ist, eine abweichende Regelung aber durch Betriebsvereinbarung möglich sei.
Am 19.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von Insolvenzgeld. Nachdem am 15.08.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z eröffnet worden war, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.11.2012 Insolvenzgeld für die Zeit vom 15.05.2012 bis 14.08.2012 in Höhe von insgesamt 6.380,88 €. Dabei berücksichtigte sie ein Urlaubsgeld entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme von Urlaub von je 86,51 € für Mai und Juni 2012 sowie in Höhe von 865,10 € für August 2012, wie es in der Insolvenzbescheinigung festgehalten war. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es seien noch Mehrarbeitszuschläge für die - nach der vorgelegten Lohnabrechnung - im Juli 2012 abgerechneten 10,66 Stunden Mehrarbeit zu berücksichtigen. Die diesbezügliche Betriebsvereinbarung, wonach bei den Verwaltungsangestellten Gutzeiten auf das Gleitzeitkonto gutgeschrieben worden seien, sei vom Insolvenzverwalter wegen dem gedeckelten Insolvenzschutz eingefroren und Überstunden in der Folge ausgezahlt worden. Die für geleistete Mehrarbeitsstunden zu zahlenden Tarifzuschläge seien aber ebenso zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei das Urlaubsgeld nach der Betriebsvereinbarung wie eine Sonderzahlung zu behandeln und daher im Umfang des 0,5-fachen Gehalts x 30 Tage mit dem Junigehalt auszuzahlen. Diesbezüglich bestehe keine Rückzahlungsverpflichtung bei einem Ausscheiden nach Juni und vor Ende Dezember des Jahres, weshalb keine Zwölftelung des Anspruchs in Betracht komme. So sei keine anteilige Zahlung des Urlaubsgeldes vorgesehen, sondern alleine eine Beschäftigung am 30.06. eines Jahres maßgeblich. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2013 zurück. Das "zusätzliche Urlaubsgeld" sei nach dem maßgeblichen Tarifvertrag reines Urlaubsentgelt. Der Anspruch entstehe mit dem Urlaubstag, so dass nur bei tatsächlichem Urlaub im Insolvenzgeldzeitraum eine entsprechende Berücksichtigung zu erfolgen habe. Die Betriebsvereinbarung enthalte nur eine unerhebliche Fälligkeitsbestimmung. Die Mehrarbeitszuschläge seien vom Insolvenzverwalter bestritten worden.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Die Zahlung eines Urlaubsgeldes sei unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme des Urlaubs gewesen, und es habe keine Rückzahlungsverpflichtung bei einem vorzeitigen Ausscheiden bestanden. Es habe daher eine Behandlung vergleichbar einer ...