Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen. Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit. Zulässigkeit des Erlasses Grundsätzen für eine einheitliche Anwendung des § 121a SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Zum in § 121a Abs 2 Nr 3 SGB 5 genannten Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit der Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft iSv § 27a Abs 1 SGB 5.

2. Der Erlass gesetzesauslegender bzw norminterpretierender Verwaltungsvorschriften (hier: „Grundsätze für die Genehmigung nach § 121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vom 1.3.2012, zuletzt in der Fassung vom 1.5.2020“ in Bayern), die eine einheitliche Anwendung bei der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gewährleisten sollen, ist nicht zu beanstanden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.06.2022; Aktenzeichen B 6 KA 19/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren die Genehmigung nach § 121a SGB V zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in der Einrichtung K.

Die Klägerin zu 1), Frau A, ist als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Klägerin zu 2), Frau C, ist beim K angestellt. Die Klägerinnen betreuen als ärztliches Fachpersonal die medizinischen Aspekte der Reproduktionsmedizin.

Die Klägerinnen haben mit Schriftsatz vom 06.11.2013 einen Antrag auf Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V gestellt.

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat mit Bescheid vom 12.12.2014 den Antrag der Klägerinnen abgelehnt.

Nach § 121a SGB V dürfe die Genehmigung nur Vertragsärzten, zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten, ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen oder zugelassenen Krankenhäusern erteilt werden, wenn die Einrichtung die Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft biete. Es bestehe kein Anspruch auf Genehmigung. Die IVF-Arbeitsgruppe im K führe bereits seit 2011 Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft für Privatpatienten durch. Es werde jetzt zusätzlich die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten beantragt. Der Antrag sei nach den gesetzlichen Vorgaben des § 121a SGB V und den hierzu vom Staatsministerium aufgestellten Grundsätzen für die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vom 29.03.2000 in der Fassung vom 01.03.2012 unter Anhörung des beim Staatsministerium eingerichteten Beratungsgremiums „Künstliche Befruchtung“ geprüft worden.

Nach den Feststellungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) verfüge die Klägerin zu 2) über keinen vertragsärztlichen Status. Zudem würden die Grundsätze des Staatministeriums vorsehen, dass die Gynäkologen der IVF-Arbeitsgruppe im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig sein müssten. Auch diese erforderliche Voraussetzung sei im K derzeit nicht erfüllt. Ansonsten hätten die Klägerinnen als Frauenärztinnen die Weiterbildung im Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin nachgewiesen und wären damit fachlich zur verantwortlichen Leitung der oben genannten Teilbereiche berechtigt. Des Weiteren würden die fachlichen und personellen Voraussetzungen sowie die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik erforderlichen Einrichtungen als gegeben angesehen. Zur Ermittlung des Bedarfs würden nach den Bedarfskriterien der Ziffer II der Grundsätze des Staatsministeriums um die IVF-Zentren, die aufgrund einer erteilten Genehmigung Leistungen der künstlichen Befruchtung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen dürfen, Kreise mit einem Radius von jeweils 80 km gezogen (Radius = zumutbare Anfahrtsstrecke). In diesen Planungsräumen würden keine neuen Zentren mehr zugelassen, falls dort eine ausreichende Versorgung sichergestellt sei. Für die Ermittlung des Bedarfs würden eine allgemeine Verhältniszahl aus der Bevölkerung und der Anzahl der IVF-Zentren im gesamten Bundesgebiet zum Stichtag am 31.12.1998 sowie eine örtliche Verhältniszahl ermittelt. Die ermittelte örtliche Verhältniszahl von 517.435 liege um mehr als 15 % unter der allgemeinen bundesweiten Verhältniszahl von 901.505. Da die maßgebende Verhältniszahl von 766.280 Einwohnern pro Zentrum um 248.845 Einwohner unterschritten werde, gelte der Standort A derzeit als überversorgt. Der Antrag sei daher abzulehnen, da die nach den Grundsätzen des Staatsministeriums erforderlichen Voraussetzungen nicht vollständig vorliegen würden.

Mit Schreiben vom 22.11.2016 haben die Klägerinnen erneut einen (Folge)Antrag auf Erteilung der Genehmigung nach § 121a Abs. 2 SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen in der Einrichtung K gestellt. Eine neuerliche dezidierte Auseinand...

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