Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarabrechnung. Abrechnungsfristen und Sanktionen bei Fristüberschreitung. Verhältnismäßigkeit. rechtmäßige Berufsausübungsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Abrechnungsfristen und Sanktionen bei Überschreitung der Fristen sind grundsätzlich verhältnismäßig und stellen eine rechtmäßige Berufsausübungsregelung im Sinne von Art 12 Abs 1 S 2 GG dar.

2. Die Verhältnismäßigkeit ist nicht mehr gewahrt, wenn der Eingriff in den Vergütungsanspruch des Arztes so schwer wiegt, dass er außer Verhältnis zu dem der Regelung innewohnenden Zweck steht.

 

Orientierungssatz

Zu Leitsatz 1 und 2 vgl BSG vom 29.8.2007 - B 6 KA 29/06 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 37.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgte Absetzung der Gebührenordnungspositionen 97403 und 97405 des Strukturvertrages Katarakt sowie der nachträgliche Austausch dieser Gebührenordnungspositionen in die Gebührenordnungspositionen 31831 und 31503 EBM im Quartal 1/2009 streitig.

Die Klägerin ist Fachärztin für Anästhesie und zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt zugelassen. Sie hat für das Quartal 1/2009 keine Teilnahmeerklärung zur Teilnahme am Strukturvertrag Katarakt abgegeben.

Die Beklagte hat mit Honorarbescheid vom 23.09.2009 das Gesamthonorar der Klägerin auf 6.515,26 EUR festgesetzt. Die Beklagte hat zudem mit Richtigstellungsbescheid vom selben Tage in 36 Fällen jeweils 44-mal die Gebührenordnungspositionen 97403 und 97405 des Strukturvertrages Katarakt wegen fehlender Genehmigung abgesetzt (Absetzungsbetrag: 6.633,39 €).

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 29.09.2009. Sie habe im Januar kurzfristig bei Dr. H. in B-Stadt die Anästhesie für Kataraktoperationen übernommen, da die Kollegin auf unbestimmte Zeit erkrankt gewesen sei. Sie sei noch im Januar 2009 persönlich bei der Beklagten vorstellig geworden, um 1. die Tätigkeit in B-Stadt anzumelden und 2. sich über die Strukturvertragsbedingungen und Abrechnungsmodalitäten zu informieren. In der Abteilung Qualitätssicherung habe sie die Auskunft erhalten, dass die Strukturverträge gekündigt worden seien und sie für diese Leistungen bei Kataraktoperationen keine gesonderte Genehmigung benötige. Was die Abrechnungsziffern für die Anästhesieleistung betreffe, habe sie von der Beklagten zunächst die Information erhalten, sie solle entsprechend den OPS-Ziffern nach Kapitel 31 EBM abrechnen. Diese Info habe ihr nicht schlüssig erschienen, da sie von Kollegen andere Auskünfte erhalten habe. Erst nach mehrmaligem Telefonkontakt mit der sog. Expertentelefonberatung sei es ihr gelungen, die entsprechenden Abrechnungsziffern zu erhalten. Leider müsse sie nun feststellen, dass die Informationen aus dem Hause der Beklagten falsch gewesen seien und ihr Leistungen in Höhe von 6.633,39 EUR nicht vergütet worden seien. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 21.06.2010 ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin in den Quartalen 1/09 bis 3/09 nicht die Genehmigung zur Teilnahme am Strukturvertrag Katarakt gehabt habe. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Ziffern 97403 und 97405 ersatzlos gestrichen würden. Vielmehr habe hier bezüglich der Ziffer 97403 eine Umsetzung in die Ziffer 31831 EBM (Einleitung und Unterhaltung einer Analgesie und/oder Sedierung während eines operativen Eingriffs nach der Ziffer 31351 EBM) zu erfolgen, hinsichtlich der Ziffer 97405 eine Umsetzung in die Ziffer 31503 EBM (postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung einer Leistung entsprechend der Gebührenordnungsposition 31351 EBM).

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2010 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach der Widerspruchsbegründung werde eine Umsetzung der abgesetzten Leistungen in die Nummern 31831 und 31503 EBM begehrt. Nach dem Honorarverteilungsvertrag - 1. Abschnitt - sei die nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung von fehlerhaft oder unvollständig durchgeführten Leistungen für bereits zur Abrechnung eingereichte Behandlungsfälle durch den Arzt ausgeschlossen. Nach § 3 der Abrechnungsbestimmungen der Beklagten - gültig ab 01.04.2005, geändert durch Beschluss der Vertreterversammlung vom 17.03.2007, gültig ab 01.04.2007 und somit anwendbar auf Abrechnungsfälle ab Quartal 1/07 - seien die Abrechnungen unter Beachtung der dafür geltenden Regelungen innerhalb der von der Beklagten festgesetzten Fristen einzureichen. Eine Fristverlängerung sei vor Fristablauf in begründeten Ausnahmefällen auf Antrag möglich. Nach Einreichung eines Behandlungsfalles zur Abrechnung bei der Beklagten sei eine Ergänzung dieser Abrechnung um noch nicht angesetzte Leistungspositionen oder ein Austausch angesetzter Leistungspositionen durch den Vertragsarzt ausges...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge