rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Augsburg (Entscheidung vom 18.02.1993; Aktenzeichen S 2 U 228/92)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.02.1993 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit den Beitragsbescheiden für das Jahr 1990 vom 22.04.1991 forderte die Beklagte von der Klägerin bzgl. ihrer Niederlassungen München, Farchant und Dirlewang die Beiträge und gewährte gleichzeitig für die Niederlassung Dirlewang einen Beitragsnachlaß in Höhe von 7 %, für die Niederlassung München einen Beitragsnachlaß in Höhe von 6 %, während die Niederlassung Farchant keinen Beitragsnachlaß erhielt.

Mit Widersprüchen vom 23.05.1991 wandte sich die Klägerin gegen die Bescheide hinsichtlich der Nachlaßberechnung. Die Satzungsbestimmung enthielte keine oder nur sehr geringe Anreize für die Mitgliedsunternehmen, Maßnahmen zur Verminderung von Arbeitsunfällen voranzutreiben. Das Nachlaßverfahren der Beklagten weiche deutlich vom Nachlaß/ Zuschlagsystem der BG Chemie ab. Deren Bonus/Malus-System mit einer Spreizung bis zu 40 % sei offenbar durchführbar, ohne daß hierdurch dem Prinzip der Solidarhaftung der Boden entzogen würde. Zum anderen dokumentierten die deutlichen Erfolge in der Unfallverhütung, daß dieses System dem Zweck des § 725 Abs.2 RVO, Anreize zur Förderung der Arbeitssicherheit zu bieten, besonders gerecht werde. Außerdem werde das zweite Ziel dieser Vorschrift erreicht, die Durchsetzung stärkerer Beitragsgerechtigkeit für solche Unternehmen, die die Unfallverhütung betrieben. Das von der Beklagten verwendete Nachlaßsystem sei wegen der geringfügigen Auswirkungen nicht geeignet, die beiden Zielsetzungen des § 725 Abs.2 RVO zu erfüllen. Die Satzungsbestimmungen seien unverhältnismäßig. Es sei nicht ersichtlich, daß es branchenbedingte Besonderheiten gäbe, die verhindern würden, ein dem der BG Chemie vergleichbares System einzuführen.

Mit den Widerspruchsbescheiden vom 26.05.1992 wandte die Beklagte ein, auch bei einer Beschränkung auf 7 % falle der Nachlaß durchaus wirtschaftlich ins Gewicht. Struktureller Unterschied zwischen den Mitgliedsbetrieben der BG Chemie und denen der Beklagten sei, daß der Hauptanteil der Mitglieder der BG Chemie Großbetriebe seien. Hier könnten meßbare Erfolge im Arbeits- und Gesundheitsschutz allein durch den Einsatz von Führungsinstrumenten erreicht werden. Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten seien sinkende Unfallzahlen nicht überwiegend auf die Art und Weise des Beitragsnachlaßverfahrens zurückzuführen, sondern auf verschiedene Faktoren. Der Gesetzgeber halte in § 548 RVO die Berufsgenossenschaften an, die Unfallverhütung mit allen geeigneten Mitteln zu betreiben. Daraus lasse sich keine Pflicht zur Einführung bestimmter Nachlaßverfahren begründen.

Mit der Klage vom 29.06.1992 hat sich die Klägerin gegen die Beitragsbescheide in Gestalt der Widerspruchsbescheide bzgl. ihrer Niederlassungen in München, Dirlewang und Farchant gewandt und ausgeführt, die Beklagte ziehe die Grenzen ihrer Satzungsautonomie zu weit. Die Nachlaßregelungen würden Sinn und Zweck des § 725 Abs.2 RVO nicht genügend entsprechen. Zwar sei auch die Klägerin der Auffassung, daß das Bonus-Malus-System der BG Chemie nicht unverändert eingeführt werden sollte. Jedenfalls habe die BG Chemie aber den praktischen Nachweis erbracht, daß durch dieses System der gewünschte Erfolg herbeigeführt werden könne. Es gelte einen finanziellen Anreiz dafür zu schaffen, Unfälle zu vermeiden und finanzielle Nachteile anzudrohen für den Fall, daß dies nicht geschehe. Bestätigt werde die Rechtsansicht der Klägerin durch einen Aufsatz, in dem von Hoyningen-Huehne/Compensis (Sozialgerichtsbarkeit 1992, Seite 145 ff.) festgestellt hätten, es sei den Gerichten möglich, die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen der Satzungsautonomie zu überprüfen.

Mit Urteil vom 18.03.1993 hat das SG ausgeführt, § 27 der Satzung verstoße nicht gegen § 725 Abs.2 RVO. Er halte sich im Rahmen des von dieser Vorschrift eingeräumten Gestaltungsspielraums. Der Gesetzgeber habe der Selbstverwaltung gerade deswegen eine breite Palette von Regelungsmöglichkeiten eingeräumt, weil er nicht in der Lage sei, ein allgemein gültiges Verfahren, das den vielfältigen unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung tragen würde, zu postulieren. Im Rahmen des § 725 Abs.2 RVO seien Vorschriften, die den Zuschlag/Nachlaß von der Eigenunfallbelastung im Verhältnis zur Durchschnittsbelastung aller Unternehmen abhängig machten, unbedenklich. Aus dem Zweck des § 725 Abs.2 RVO, finanzielle Anreize zur Unfallverhütung zu bewirken, könne nicht undifferenziert abgeleitet werden, daß allen Berufsgenossenschaften eine prozentual zu bestimmende Mindestentlastung vorgegeben sei. Die Beklagte habe zutreffend auf ihre tief gegliederten Gefahrklassen hingewiesen. Weiter sei zutreffend auf die andersartige Mitgliederstruktur im Vergleich zur BG Chemie hingewiesen worden. In klei...

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