Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. MdE-Feststellung. Verschlimmerung der Unfallfolgen. Erblindung eines Auges. erhebliche Gesichtsentstellung. fehlender Augenkontakt
Orientierungssatz
Zur MdE-Bewertung bei Erblindung eines Auges mit erheblicher Gesichtsentstellung, die zur Folge hat, dass der Versicherte mit diesem Auge keinen Kontakt mehr mit der Umwelt herstellen kann.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.04.2005 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 30.04.2002 zu gewähren.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Der 1978 geborene Kläger erlitt am 22.02.1989 als Schüler der vierten Volksschulklasse während der Pause auf dem Pausenhof der Volksschule S. einen Schlag auf das linke Auge. Dr. K. diagnostizierte am 14.03.1989 einen Zustand nach schwerer Prellung des linken Auges, Linsenluxation, traumatischer Katarakt, Buphtalmus und Netzhautablösung. Am 21.03.1989 erfolgte eine Entfernung der getrübten und verlagerten Linse und eine Netzhautoperation mit Entfernung des Glaskörpers am linken Auge.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Augenarztes Dr. S. vom 12.03.1990 ein, der ausführte, beim Kläger habe seit frühester Kindheit ein kindliches Glaukom bestanden, so dass die Sehschärfe des linken Auges seit 1985 auf die Wahrnehmung von Handbewegungen herabgesetzt gewesen sei. Durch die unfallbedingte Augapfelprellung, Linsenluxation und Netzhautablösung sei es gegenüber der vor dem Unfall bestandenen praktischen Erblindung des linken Auges zu keiner weiteren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gekommen. Die Beklagte lehnte daraufhin die Gewährung von Verletztenrente mit Bescheid vom 27.03.1990 ab.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg holte dieses ein Gutachten der Augenärztin Dr. S. vom 18.03.1991 ein. Diese führte aus, dass vor dem Unfall bereits eine Sehleistungsminderung auf 1/20 oder mehr bestanden habe. Durch den Unfall sei keine weitere MdE verursacht. Mit Urteil vom 18.06.1991 wies das SG die Klage ab.
Im anschließenden Berufungsverfahren holte der Senat ein Gutachten des Prof. Dr. L., Augenklinik der Universität M., vom 23.01.1992/11.05.1992/05.04.1993 ein. Dieser bewertete die Verschlechterung des Sehvermögens von 0,1 vor dem Unfall und der Verschlimmerung auf ein 1/50 nach dem Unfall mit 5 v.H. Aus einem beigezogenen Attest des Dr. K. vom 09.07.1992 ergebe sich, dass die Sehleistung vor dem Unfall zwischen 0,05 und 0,1 gewechselt habe. Nunmehr sei nur noch eine Lichtscheinwahrnehmung möglich. Die inzwischen erfolgte deutliche kosmetische Beeinträchtigung in Form von Rötung der Bindehaut, Eintrübung der Hornhaut, Verziehung der Pupille nach 12,00 Uhr, Irisschlottern, Linsenlosigkeit und narbiger Veränderung von Netzhaut und Aderhaut erhöhe die MdE um weitere 10 v.H. Die Gesamt-MdE betrage 35 v.H.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 27.10.1993 wurde die Berufung zurückgewiesen. Eine unfallbedingte MdE in Höhe von 20 v.H. werde nicht erreicht.
Am 30.04.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Verletztenrente, denn sein Sehvermögen links sei erloschen. Die Beklagte holte ein Gutachten des Augenarztes Dr. L. vom 21.06.2002 ein, der ausführte, es bestehe am linken Auge eine kosmetisch entstellende großflächige, weiße Hornhautnarbe. Die Lidspaltenweite des linken Auges sei etwas kleiner als die des rechten Auges. Es liege ein leichtes Rücksinken des Augapfels vor. Wegen der äußerlich sichtbaren kosmetischen Entstellung betrage die Gesamt-MdE 30 v.H.
Mit Bescheid vom 25.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab Antragstellung Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren. Er hat vorgetragen, seit der Begutachtung durch Prof. Dr. L. sei eine erhebliche Verschlechterung insbesondere auf kosmetischem Gebiet eingetreten, da sich die Hornhaut in den vergangenen Jahren mehr und mehr weißlich eingetrübt habe. Auch sei das Auge nunmehr vollständig erblindet. Er legte ein Attest des Dr. K. vom 14.09.2001 vor.
Das SG hat mit Urteil vom 22.04.2005 die Klage abgewiesen. Es hat sich auf das Gutachten des Dr. L. gestützt und zusätzlich ausgeführt, eine höhere Gesamt-MdE als 30 v.H. wie sie Prof. Dr. L. angenommen habe, werde nicht erreicht.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und einen Befundbericht der Augenklinik M. vom 29.0...