Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zuschüsse zu Beiträgen zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Überweisung an das private Krankenversicherungsunternehmen. kein Anspruch auf Auszahlung unmittelbar an den Leistungsberechtigten. Sozialdatenschutz. keine "Zwangsumstufung" in den Basistarif
Leitsatz (amtlich)
Einem Anspruch auf Auszahlung des Beitragszuschusses nach § 26 Abs 1 S 1 und Abs 3 S 1 SGB II unmittelbar an die Leistungsberechtigte steht § 26 Abs 5 S 1 SGB II entgegen. Die mit der Überweisung des Beitragszuschusses unmittelbar an das Krankenversicherungsunternehmen verbundene Offenlegung des Sozialleistungsbezugs ist zumindest dann von einem legitimen Gemeinwohlinteresse gedeckt, wenn das Ziel, durch den Beitragszuschuss einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz als Bestandteil des nach dem Sozialstaatsprinzip zu gewährenden Existenzminimums zu sichern, nur zu erreichen ist, wenn bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Krankheit versicherte Leistungsberechtigte von ihrem Anspruch auf Wechsel in den Basistarif Gebrauch machen und gleichzeitig dem Versicherungsunternehmen gegenüber ihre Hilfebedürftigkeit nachweisen, um eine Beitragsverminderung nach § 152 Abs 4 Halbs 1 VAG zu erreichen.
Orientierungssatz
Es besteht keine Verpflichtung des Leistungsberechtigten in den Basistarif zu wechseln. Gleichzeitig besteht keine Möglichkeit für das Versicherungsunternehmen, eine außerhalb des Basistarifs bestehende Heilkostenversicherung in den Basistarif "umzustufen".
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13. August 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage auf Kostenerstattung iHv ... Euro zzgl 5 % Zinsen wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Wesentlichen, ob die Klägerin und Berufungsklägerin (in der Folge: Klägerin) im Zeitraum 9.6.2018 bis 31.7.2019 gegen den Beklagten und Berufungsbeklagten (in der Folge: Beklagter) Anspruch auf die Zahlung eines Zuschusses zum Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung unmittelbar an sich selbst hat.
Die ... geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum allein in einem (möblierten) Apartment zur Langzeitvermietung zu monatlichen Kosten iHv ... Euro für Juni 2018, ... Euro im Juli 2018 und ab August 2018 iHv ... Euro monatlich.
Nachdem die Klägerin ihre eigene Wohnung einige Jahre zuvor verkauft hatte, waren ihre Möbel, persönlichen Gegenstände sowie Unterlagen eingelagert. Hierdurch entstanden ihr monatliche Kosten iHv ... Euro.
Der Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom 27.7.2018, dass die tatsächliche Bruttokaltmiete iHv ... Euro die aus seiner Sicht angemessenen Kosten iHv 657 Euro monatlich um ... Euro überschreite. Unangemessene Kosten könnten nur so lange als Bedarf anerkannt werden, wie es nicht möglich oder nicht zumutbar sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Kosten für die Unterkunft auf einen angemessenen Betrag zu senken. Die Klägerin werde gebeten, sich ab sofort intensiv und dauerhaft um die Senkung ihrer Unterkunftskosten zu bemühen. Entsprechende Nachweise seien ab August 2018 jeden Monat unaufgefordert einzureichen. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Klägerin erscheine es zumutbar, mindestens acht Nachweise monatlich zu erbringen. Weiter habe die Klägerin eine Sozialwohnung zu beantragen. Sofern berechtigte (zB gesundheitliche) Gründe vorlägen, durch die es der Klägerin nicht möglich bzw nicht zumutbar sei, eine Senkung der Unterkunftskosten innerhalb der nächsten sechs Monate herbeizuführen, möge die Klägerin dies bis 31.8.2018 schriftlich unter Vorlage entsprechender Nachweise mitteilen. Soweit die Klägerin den Aufforderungen des Beklagten nicht nachkomme, würden ab 1.2.2019 Leistungen für Unterkunft nur noch in Höhe der angemessenen Bruttokaltmiete von 657 Euro zzgl der Heiz- und Warmwasserkosten als Bedarf anerkannt.
Während der Klägerin im streitigen Zeitraum Einnahmen nicht zuflossen, verfügte sie ausweislich der Antragsunterlagen über Bargeld iHv ... Euro, Guthaben auf einem Girokonto ...sowie einem Kreditkartenkonto ... Die Klägerin besaß weiter einen Lebensversicherungsvertrag mit einem garantierten Rückkaufswert iHv ... Euro und einer Schlussüberschussbeteiligung aus der Hauptversicherung iHv jeweils ... Euro abzüglich einer Vorauszahlung iHv ... Euro, so dass das Versicherungsunternehmen zum 31.5.2018 als vorhandenen Wert eine Gesamtsumme iHv ... Euro bestätigte. Die Klägerin tätigte rückwirkend zum 1.6.2018 einen Teilrückkauf iHv ... Euro, der am 20.6.2018 zu einer entsprechenden Gutschrift auf ihrem Girokonto führte.
Die Klägerin ist bzw war im streitigen Zeitraum gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen unter anderem im Rahmen eines Versicherungsvertrages, der der Versicherungspflicht nach § 193 Abs 3 des VVG genügt, bzw gegen das ...