Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente. Vorzeitige Inanspruchnahme. Abschlag. Schwerbehinderung. Berufsunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen bzw. wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit setzt Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht bzw. die Feststellung des Vorliegens einer Schwerbehinderteneigenschaft zum Stichtag am 16.11.2000 voraus.

 

Normenkette

SGB VI §§ 77, 236a

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28. September 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Altersrente wegen Schwerbehinderung ohne Abzüge.

Nach Auslaufen von Krankengeld Ende Juni 2004 erhielt der Kläger mit nicht mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 22.09.2004 aufgrund eines Antrags seiner Bevollmächtigten vom 11.08.2004 auf Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab 01.07.2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen; dabei wurde im Bescheid festgehalten, dass für den Kläger ein Abschlag von 3 % vorzunehmen sei.

Bereits vorher - am 28.10.2002 - hatte der Kläger Antrag auf abschlagsfreie Altersrente gestellt. Dieser Antrag wurde mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.02.2003 mit der Begründung abgelehnt, dass aufgrund der medizinischen Feststellung der Versicherungsfall der teilweisen Erwerbsminderung am 28.10.2002 eingetreten sei. Nachdem weder eine teilweise Erwerbsminderungsrente noch eine Altersrente wegen Schwerbehinderung mit Abschlag gewünscht sei, werde der Antrag auf Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente abgelehnt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe eine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker durchlaufen und sei später als Schlosser und dann bis April 1999 als Kfz-Mechaniker beschäftigt gewesen. Bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 21.01.2003 habe der Kläger noch leichte Fahrertätigkeiten und Hausmeistertätigkeiten bei gleicher Vergütung bei seinem bisherigen Arbeitgeber ausgeübt. Ausweislich des ausdrücklichen und unmissverständlichen Vorbringens der Bevollmächtigten des Klägers sei Gegenstand des Verfahrens und des Bescheides ausschließlich die Gewährung einer abschlagsfreien Rente gewesen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, weil der Kläger am 16.11.2000 weder schwerbehindert noch berufsunfähig oder erwerbsunfähig gewesen sei. Er habe bis zum Beginn der letzten Arbeitsunfähigkeit am 21.01.2003 eine zumutbare Verweisungstätigkeit im Sinn von § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI ausgeübt. Nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchungen sei der Versicherungsfall erst am 28.10.2002 und damit nach dem Stichtag am 16.11.2000 eingetreten; die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente käme nach der Übergangsregelung nicht in Betracht. Die Beklagte habe den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente mit Abschlag dem Grunde nach anerkannt, habe die Rentenleistung aber gegen den Willen der Bevollmächtigten nicht erbringen können.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 28.09.2006 als unbegründet ab. Die Beklagte habe anerkannt, dass der Kläger seinen erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker im Jahr 1999 aus gesundheitsbedingten Gründen aufgegeben habe. Jedoch käme eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nur dann in Betracht, wenn der Kläger nicht nur seinen erlernten Beruf, sondern auch zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht mehr vollschichtig hätte ausüben können. Zumutbare Verweisungstätigkeiten wie z.B. die Arbeit eines Telefonisten habe der Kläger jedenfalls bis zum 28.10.2002 nach den ärztlichen Feststellungen zumutbar ausüben können. Erst danach sei das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter sechs Stunden täglich gesunken. Im Übrigen habe der Kläger weiter bei seinem bisherigen Arbeitgeber bis zum Beginn der letzten Arbeitsunfähigkeit am 21.01.2003 mit gleicher tariflicher Entlohnung (Lohngruppe 5) wie früher als Kfz-Meister im Rahmen einer für den Arbeitgeber wichtigen und verantwortungsvollen Tätigkeit gearbeitet. Aufgrund dessen könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger keiner beruflichen Herabsetzung ausgesetzt gewesen sei. Die Entlohnung und Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit spreche dafür.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Kläger habe sich sozialadäquat verhalten, indem er bis zum Januar 2003 weitergearbeitet habe trotz gesundheitlicher Einschränkungen. Der Rentenversicherungsträger habe es unterlassen festzustellen, ob am Stichtag 16.11.2000 Berufsunfähigkeit vorgelegen habe. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob nur ein tatsächlicher Rentenbezug zu einer abschlagsfreien Altersrente führe, oder ob das behauptete Vorliegen von Berufsunfähigkeit ausreiche. Im letzteren Fall seien seitens der Beklagten und des SG weitere Ermittlungen notwendig gewese...

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