Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsgeld. Personensorge iS von § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 BErzGG. Kindesentziehung. Aufenthaltsbestimmungsrecht. Härteregelung. Fehlen eines Erziehungsgeldanspruchs für den Sorgeberechtigten

 

Orientierungssatz

1. § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 BErzGG wird nicht erfüllt, wenn der Anspruchssteller zwar mit dem Kind im eigenen Haushalt zusammenlebt, ihm aber das Aufenthaltsbestimmungsrecht und damit ein wesentlicher Bestandteil der Personensorge nicht zusteht.

2. Ein Anspruch auf Landeserziehungsgeld aufgrund der Härteregelung des § 1 Abs 5 BErzGG kommt nicht in Betracht, wenn sich der Anspruchssteller des Kindes in rechtswidriger Weise entgegen einer gerichtlichen Verfügung bemächtigt hat.

3. Die Tatsache, dass der Sorgeberechtigte, dem das Kind vorenthalten worden ist, in diesem Fall ebenfalls kein Landeserziehungsgeld beanspruchen kann, ändert hieran nichts.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.03.2013; Aktenzeichen B 10 EG 4/13 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 24.02.2010, S 15 EG 26/08, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Bundeserziehungsgeld für seinen ... 2006 geborenen Sohn T... .

Der 1975 geborene Kläger beantragte am 13.03.2008 Bundeserziehungsgeld für das Kind T..., nachdem er die Mutter des Kindes, die Beigeladene D... W.... am 03.03.2008 aus der Wohnung verwiesen hatte, ohne ihr die Möglichkeit zu geben, die Kinder A... und T... mitzunehmen.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder T... sowie A... hatte das Familiengericht Cham zunächst durch einstweilige Anordnung vom 20.03.2008 (2 F 155/08), bestätigt durch weiteren Beschluss vom 08.04.2008 auf die Kindsmutter (Beigeladene) übertragen. Eine vom Kläger gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. Mai 2008 verworfen. Da der Kläger die Verpflichtung aus der einstweiligen Anordnung nicht einhielt, wurde gegen ihn gerichtlich ein Zwangsgeld festgesetzt, ohne dass ihn dieses zur Herausgabe der Kinder veranlassen konnte. Zur Hauptsache erging am 03.06.2008 ein Beschluss des Familiengerichts Cham, in dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht für A... und T... auf die Beigeladene übertragen und dem Kläger ein Umgangsrecht mit den Kindern eingeräumt wurde. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht Nürnberg mit Beschluss vom 19.03.2009 zurückgewiesen sowie das zugesprochene Umgangsrecht für den Kläger aufgehoben.

Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Bundeserziehungsgeld für seinen Sohn T... wies der Beklagte mit Bescheid vom 28.04.2008 zurück, da ihm für das Kind das notwendige Personensorgerecht (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG -), insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, nicht zustehe. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.06.2008).

Mit seiner Klage zum Sozialgericht Regensburg verfolgt der Kläger sein Begehren auf Bundeserziehungsgeld für T... weiter. Er machte unter anderem geltend, die Kinder T... und A... hätten seit dem 03.03.2008 in seiner Wohnung gewohnt und seien dort gemeldet gewesen. Ihm stehe auch mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts das Personensorgerecht für beide Söhne zu. Die vom Beklagten vorgenommene einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BErzGG, wonach mangels Aufenthaltsbestimmungsrecht das gesamte Personensorgerecht nicht zustünde, sei nicht möglich und entspreche auch nicht der Intention des Gesetzgebers. Auch die Entziehung des seiner Frau ursprünglich bewilligten Bundeserziehungsgeldes (Bescheid vom 25.06.2008) mit der Begründung, das Kind lebe nicht mehr mit ihr in einem Haushalt, zeige die Sinnlosigkeit der angewandten Regelung. Denn nun erhielte keiner der Personensorgeberechtigten von T... Erziehungsgeld. Außerdem sei man zwischenzeitlich wieder zusammengezogen. Es gebe mittlerweile auch ein weiteres gemeinsames Kind. Der Kläger habe sich auch mit der Beigeladenen einvernehmlich darüber geeinigt, wer für welchen Zeitraum Erziehungsgeld beziehungsweise Elterngeld erhalte, die entsprechenden Ansprüche seien abgetreten. Maßgeblich für den hier geltend gemachten Anspruch sei aber ausschließlich, dass der Kläger ab dem 03.03.2008 seinen Sohn T... betreut und erzogen habe.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2010 abgewiesen. Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger das Kind in dem streitgegenständlichen Zeitraum selbst betreut und erzogen hat, stehe ihm kein Bundeserziehungsgeld für diesen Zeitraum zu, da ihm entsprechend der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Nürnberg vom 19.03.2009 für das Kind die hierfür nötige Personensorge nicht zustand. Hinsichtlich der aus Abtretung geltend gemachten Ansprüche sei die Klage schon unzulässig, da dies als weiteres Klagebegehren nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sei und ein ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge