Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensberechnung. selbstständige Erwerbstätigkeit. Gewerbetreibender. Bezugseinkommen. Gewinnermittlung im Bezugszeitraum. kein Abstellen auf den Steuerbescheid. Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses im Bezugsmonat. Überschussrechnung
Leitsatz (amtlich)
Nach der Neuregelung des § 2d Abs 3 BEEG idF des Gesetzes vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) errechnet sich das elterngeldrechtlich relevante Einkommen von Gewerbetreibenden mit Gewinnanteilen an einer Personengesellschaft im Bezugszeitraum nicht mehr anhand des sich aus dem Steuerbescheid ergebenen Jahresgewinns und den daraus ermittelten monatlichen Durchschnittseinkommens. Maßgeblich sind vielmehr die Gewinneinkünfte aus einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 3 EStG.
Normenkette
BEEG § 2d Abs. 1, 3, § 2 Abs. 1 Sätze 1-2; EStG § 4 Abs. 3, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 2b
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) streitig.
Die Klägerin hat mit Formularantrag vom 09.01.2015 die Gewährung von Elterngeld für ihre am 06.11.2014 geborene Tochter beantragt. Sie gab an, im Bezugszeitraum keine Erwerbstätigkeit auszuüben. Sie führe mit ihrem Bruder M. A. eine Steuerkanzlei als Sozietät in der Rechtsform einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Dem Schreiben liegen der Sozietätsvertrag vom 31.12.2004 sowie die Nachträge zum Sozietätsvertrag vom 31.12.2007 und 05.05.2014 bei. Im ursprünglichen Sozietätsvertrag war unter § 14 Elternzeit, Mutterschutz geregelt, dass ein Sozius, der wegen Inanspruchnahme der Elternzeit nicht beruflich tätig sei, für die Dauer von sechs Monaten vom Beginn der Elternzeit an sein volles Gewinn- und Entnahmerecht behalte, dies gelte auch für den gesetzlichen Mutterschutz. Sofern nach Ablauf von sechs Monaten seit Beginn der Elternzeit die berufliche Tätigkeit nicht mehr aufgenommen werde, bestehe ab diesem Zeitpunkt kein Gewinnanspruch mehr. Sofern die Tätigkeit eingeschränkt wieder aufgenommen werde, werde der Anteil der Arbeitszeit im Vergleich zum Sozius als Gewinnverteilungsmaßstab herangezogen. Im zweiten Nachtrag vom 05.05.2014 zum Sozietätsvertrag vom 31.12.2004 wurde § 14 Elternzeit, Mutterschutz in den Sätzen 2 bis 4 wie folgt geändert: Ist ein Sozius wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit nicht beruflich tätig, so hat er für diesen Zeitraum 0 % Anteil am Gewinn des § 12. Dies gilt auch für den gesetzlichen Mutterschutz. Für den bevorstehenden Mutterschutz bzw. die Elternzeit von Frau A. bedeutet dies, dass vom 25.09.2014 (Beginn Mutterschutzfrist) bis 06.06.2015 (geplantes Ende der Elternzeit) kein Anteil am Gewinn der Sozietät besteht.
Der Beklagte hat mit vorläufigem Bescheid vom 21.01.2015 der Klägerin Elterngeld für den Zeitraum vom 06.11.2014 bis 05.06.2015 in Höhe von 0,00 Euro für den 1. Lebensmonat, in Höhe von 48,40 Euro für den 2. Lebensmonat sowie 375,00 Euro für den 3. bis 7. Lebensmonat des Kindes bewilligt. Der Klägerin stehe grundsätzlich ein monatliches Elterngeld in Höhe von 1.800,00 Euro zu, zuzüglich des Geschwisterbonus in Höhe von 180,00 Euro. Der Elterngeldanspruch der Klägerin sei zu kürzen, weil ihr ein fiktiver Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 6.000,00 Euro im Bezugszeitraum zustehe. Die tatsächlichen Einkünfte im Bezugszeitraum seien bei Beteiligungseinkünften nicht maßgebend. Nach entsprechender Anrechnung stehe der Klägerin nurmehr der Mindestbetrag in Höhe von 375,00 Euro einschließlich des Geschwisterbonus zu, vom 06.11.2014 bis 01.01.2015 sei zudem das gewährte Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 94,50 Euro anzurechnen.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 12.02.2015. Sie sei nicht erwerbstätig und habe in dieser Zeit keinerlei Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Gemäß § 2d Abs. 3 BEEG gelte als Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Bezugszeitraum eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Sie sei in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig und habe vertragsgemäß im Bezugszeitraum keinerlei Einnahmen aus selbstständiger Arbeit. Es gebe für das Jahr 2014 zwei Gewinnermittlungen: eine vom 01.01.2014 bis 24.09.2014, an deren Ergebnis sie zu 50 % beteiligt sei. Und eine zweite vom 25.09.2014 mit Beginn der Mutterschutzfrist bis 31.12.2014, an der sie zu 0 % beteiligt sei. Gleiches gelte für 2015: Am Gewinn der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG vom 01.01. bis 05.06.2015 (geplantes Ende der Elternzeit) sei sie zu 0 % beteiligt. Am Gewinn der Gewinnermittlung vom 06.06. bis 31.12.2015 dann wieder zu 50 %. Somit lägen im Bezugszeitraum keinerlei Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG vor. Gemäß Punkt 2.1.3...