Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 17 SGB 7. Pflegeperson gem § 19 S 1 SGB 11. zeitlicher Mindestumfang von 14 Stunden wöchentlich iS von § 19 S 2 SGB 11. Pflegebedürftigkeit gem § 14 SGB 11. Pflegeleistung im Bereich der Mobilität. wesentlicher Zusammenhang. Unerheblichkeit eines bestimmten zeitlichen Anfalls der Pflegetätigkeit iS von § 15 Abs 3 SGB 11. Begleitung der pflegebedürftigen Mutter nach einem Arztbesuch zurück zur Wohnung. Hilfestellung beim Treppensteigen

 

Orientierungssatz

1. Eine Tochter, die ihre iS von § 14 SGB 11 pflegebedürftige Mutter auf dem Heimweg von einem Arztbesuch begleitete und ihr beim Treppensteigen behilflich war, steht während dieser Pflegeleistung im Bereich der Mobilität als Pflegeperson iS von § 19 S 1 SGB 11 gem § 2 Abs 1 Nr 17 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dabei ist es - anders als bei der Ermittlung des Zeitbedarfs für die Einstufung in eine bestimmte Pflegestufe gem § 15 Abs 3 SGB 11 - unerheblich, ob diese Pflegeleistung täglich oder in anderen Zeitabständen regelmäßig wiederkehrend anfällt.

2. Der in § 19 S 2 SGB 11 geforderte zeitliche Mindestumfang von 14 Stunden wöchentlicher Pflege gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zum Begriff der Pflegeperson, sondern bildet die Voraussetzung dafür, das eine Pflegeperson iS des S 1 von der Pflegekasse Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB 11 erhält (vgl BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 3).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.11.2010; Aktenzeichen B 2 U 6/10 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27.04.2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Unfall der Klägerin 25.01.2007 ein Arbeitsunfall ist.

II. Der Beklagte erstattet der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Unfalls der Klägerin am 25.01.2007 als Arbeitsunfall streitig.

Die ... 1944 geborene Klägerin erlitt am 25.01.2007 einen Unfall, als sie beim Begleiten ihrer pflegebedürftigen Mutter, K N, nach einem für diese erforderlichen Arztbesuch auf der Treppe zur Wohnungseingangstür stürzte. Die Mutter der Klägerin verlor am Ende der Treppe das Gleichgewicht und riss beim Fallen die Klägerin mit zu Boden, so dass beide die Treppe hinabstürzten. Die Klägerin erlitt dabei eine Fraktur des linken Knies.

Nach dem von der Beklagten beigezogenen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) vom 27.06.2005 ist die Klägerin als Pflegeperson für ihre Mutter K N mit einem Pflegeaufwand von unter 14 Stunden aufgeführt. Leistungen für die Mutter erfolgten seit 01.03.2005 nach der Pflegestufe I. Hinsichtlich der Versorgungssituation führte der MDK aus, dass Praxisbesuche beim Arzt in Begleitung ca. einmal monatlich erforderlich seien. Es seien Mobilitätseinschränkungen im Bereich des Hüftgelenks rechts und der Knie beidseitig gegeben, so dass zwar das Gehen mit Gehstock bzw. Gehstützen möglich sei. Ein Treppensteigen sei jedoch nur mit Hilfe möglich. Hinsichtlich des für die Einteilung der Pflegestufe zu berücksichtigenden Zeitaufwandes erkannte der MDK im Rahmen der Mobilität beim Gehen einen Zeitaufwand von vier Minuten pro Tag an. Hinsichtlich des Treppensteigens, des Verlassens und des Wiederaufsuchens der Wohnung wurde kein entsprechender Zeitaufwand berücksichtigt. Bei einem Gesamtzeitbedarf von 106 Minuten pro Tag hinsichtlich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung empfahl der MDK weiterhin die Pflegestufe I.

Nach einer Auskunft von Frau K N, eingegangen am 22.02.2007, erfolgte die Pflege im eigenen Haushalt der Mutter täglich ca. sechs Stunden bei einer monatlichen Vergütung von 205,00 EUR. Es bestanden hinsichtlich der Durchführung der Pflege keine besonderen Absprachen. Sie wurde nach Bedarf ohne konkrete Vorgaben oder vereinbarter Pflichten tätig.

Die Klägerin gab unter dem 19.04.2007 an, dass eine Begleitung der Mutter zum Arzt regelmäßig in einem Abstand von fünf bis sechs Wochen notwendig sei. Die letzten Besuche vor dem 25.01.2007 seien am 30.11.2006 und am 10.11.2006 erfolgt.

Mit Bescheid vom 09.05.2007 lehnte der Beklagte das Vorliegen eines Versicherungsfalls ab. Das Begleiten der Mutter zum Arzt sei keine versicherte Tätigkeit. Arztbesuche seien nur dann in den zeitlichen Pflegebedarf einzubeziehen, wenn sie mindestens einmal wöchentlich stattfänden. Da die Arztbesuche lediglich alle fünf bis sechs Wochen erfolgt seien, sei keine versicherte Tätigkeit gegeben.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2007 zurück. Nach dem Gutachten zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit sei weder ein Hilfebedarf beim Treppensteigen noch beim Verlassen und Wiederauf...

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