Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiederaufnahme des Verfahrens. Schlüssige Behauptung eines Wiederaufnahmegrunds. Rechtskraft

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Wiederaufnahmeklage

 

Normenkette

SGG §§ 179, 180 Abs. 1; ZPO § 578 Abs. 1, §§ 579-580

 

Tenor

I. Die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 03.12.2002 - L 11 AL 228/99 - wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme eines durch Urteil abgeschlossenen Berufungsverfahrens und weitergehend die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 26.05.2000 bis 09.07.2000.

Der 1964 geborene Kläger war vom 01.01.1993 bis 27.06.1997 bei der Firma B. AG in L../Schweiz (B.) als Service-Ingenieur beschäftigt. Im Rahmen eines vor dem Sozialgericht Nürnberg (Urteil vom 05.05.1999 - S 13 AL 585/98) und dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) geführten Rechtsstreites (L 11 AL 228/99) hat der Kläger zuletzt die Bewilligung von Alg für den Zeitraum 26.05.2000 bis 09.07.2000 begehrt. Der Senat hat mit Urteil vom 03.12.2002 dem Anliegen des Klägers nicht entsprochen.

Nachdem der Kläger mit zuletzt beim LSG eingegangenen Schreiben vom 19.05.2001 eine Änderung seiner bis dahin maßgeblichen Wohnanschrift (E.; M., P.; B., Argentinien) nicht angegeben hatte, die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in B. mitgeteilt hatte, der Kläger sei ohne Angabe einer neuen Adresse verzogen, und bereits die Ladung zum Termin am 03.12.2002 öffentlich zugestellt worden war, hat der Senat mit Beschluss vom 16.01.2003 die öffentliche Zustellung des Urteils vom 03.12.2002 angeordnet. Auf eine Sachstandsanfrage des Klägers ist ihm am 07.07.2003 eine Abschrift des Urteils vom 03.12.2002 an seine neue Anschrift in Brasilien übersandt worden.

Nach mehreren Anfragen des Klägers an das LSG, in welcher Weise das Urteil vom 03.12.2002 angefochten werden könne, hat er am 14.10.2009 die Wiederaufnahme des Rechtsstreites L 11 AL 228/99 beantragt. Die Ablehnung des Alg-Antrages im Jahr 1997 habe für ihn gravierende Auswirkungen. Es fehlten Zeiten in der Rentenversicherung, Krankheitskosten habe er selbst tragen müssen und sein Anspruch auf Alg im Jahr 2000 sei ebenfalls abgelehnt worden. Er werde durch das Urteil sozial benachteiligt. Die Ablehnung des ursprünglichen Alg-Antrages sei absurd, denn er habe seine Sozialversicherungsbeiträge regelmäßig gezahlt. Auf Hinweis, Wiederaufnahmegründe seien nicht hinreichend dargelegt, hat der Kläger ergänzend ausgeführt, der Prozess sei wieder aufzunehmen, da anderenfalls gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstoßen werde.

Er beantragt,

das Verfahren L 11 AL 228/99 wieder aufzunehmen und Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 03.12.2002, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.05.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2000 aufzuheben und die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihm Alg für die Zeit vom 26.05.2000 bis 09.07.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Wiederaufnahmeklage als unzulässig abzuweisen

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 AL 228/99 ist nicht statthaft und damit als unzulässig abzuweisen.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden, § 179 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hiernach kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen, § 578 Abs 1 ZPO.

Die Wiederaufnahme ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat (§ 179 Abs 2 SGG)

Zuletzt ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind bzw. wenn ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist (§ 180 Abs 1 SGG).

In diesem Zusammenhang gehört zur Statthaftigkeit eines Wiederaufnahmeantrages zumindest die schlüssige Behauptung, ein Wiederaufnahmegrund liege vor (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 590 Rn.2), wohingegen erst die weitergehende Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund tatsächlich vorliegt, eine Frage der Begründetheit ist.

Vorliegend macht der Kläger mit seinem Wiederaufnahmeantrag allein die ...

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