Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Rente wegen Erwerbsminderung bei Aufnahme einer regelmäßigen Behandlung beim Hausarzt
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente.
2. Allein der Umstand, dass der Versicherte bei einem Allgemeinarzt ("Hausarzt") seit einem bestimmten Zeitpunkt in regelmäßiger Behandlung ist, rechtfertigt nicht die Annahme eines schon seit diesem Zeitpunkt dauerhaft auf unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögens.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.12.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund ihres Antrags vom 18.01.2012 hat.
Die 1966 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin absolviert, war aber anschließend von August 1985 bis September 1996 als Bankangestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen Kindererziehung unterbrochen.
Am 18.04.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen eines Lipödems, Neurodermitis, Wirbelsäulenleidens. Sie halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert. Mit Bescheid des Versorgungsamtes A-Stadt sei ihr ab 11.09.1991 ein Grad der Behinderung - GdB - von 50 zuerkannt worden. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 01.09.2000 ab. Die Klägerin könne sowohl ihre letzte Tätigkeit als Bankangestellte als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten.
Am 24.01.2005 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und gab dabei an, als Hausfrau tätig zu sein. Das Beschäftigungsverhältnis als Bankangestellte sei bis zum 31.03.2003 fortgeführt und durch Aufhebungsvertrag beendet worden. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. A. vom 17.03.2005 und eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. L. ebenfalls vom 17.03.2005 mit Bescheid vom 05.04.2005 ab. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich sowohl ihre letzte Tätigkeit als Bankangestellte als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Am 25.11.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation, die von der Beklagten mit Bescheid vom 14.02.2011 in der Abteilung Angiologie des Reha-Zentrums Bad N. in der Zeit vom 31.05.2011 - 05.07.2011 bewilligt wurde. Aus dieser Reha-Maßnahme wurde die Klägerin als arbeitsfähig sowie mit einem Leistungsbild von mehr als sechs Stunden sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bankangestellte als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen entlassen. Festgehalten war im Reha-Entlassungsbericht vom 14.07.2011, dass sich eine deutliche Besserung der Beschwerden durch die Reha-Maßnahme ergeben habe. Zwischen der ärztlichen Beurteilung und der eigenen Beurteilung der Klägerin bestehe jedoch keinerlei Übereinstimmung.
Am 18.01.2012 beantragte die Klägerin erneut bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Sie halte sich seit Anfang 2001 für erwerbsgemindert. Sie leide unter psychosomatischen Beschwerden, Depressionen, Angstzuständen, Neurodermitis (seit 1992), Lip- und Lymphödem, später dann Erysipel, Kopf- und Wirbelsäulenprobleme, Muskelverspannung, Borreliose, Essstörungen, Anämie, Schilddrüsenerkrankung.
Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.04.2012 den Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In der hier verlängerten Zeit vom 18.05.2003 bis zum 17.01.2012 seien lediglich 22 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Anhaltspunkte für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung seien nicht gegeben.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.04.2012 Widerspruch ein und verwies auf ein ärztliches Attest des behandelnden Hausarztes Dr. D. vom 26.03.2012. Nach diesem Attest stehe die Klägerin seit dem 01.09.2004 wegen zahlreicher schwerer chronischer Krankheitsbilder laufend (teilweise mehrmals wöchentlich) in seiner Behandlung. Im Vordergrund hätten während der letzten Jahre die schwere chronisch rezidivierende depressive Störung, das chronische Schmerzsyndrom, das rezidivierende HWS-BWS-LWS-Syndrom, das schwere chronische Lip- und Lymphödem beider Beine bei chronisch venöser Insuffizienz sowie das zunehmende Erschöpfungssyndrom gestanden. Auffällig sei die Häufung von Infekten der oberen Luftwege und Atemwegsinfektionen mit chronisch rezidivierender Pansinusitis und Bronchitis. 2009 habe die Klägerin unter einer la...