Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Beschäftigungslosigkeit. keine Arbeitsleistung und Entgeltzahlung nach Krankheit. Nichtbestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses. Erfüllung der Anwartschaftszeit. Beginn der Rahmenfrist. Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses im Kündigungsschutzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beschäftigungslosigkeit iS des Arbeitsförderungsrechts ist mit der tatsächlichen Nichtbeschäftigung des Versicherten unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses iS des Arbeitsrechts gegeben.

2. Vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht ein Arbeitnehmer schon dann, wenn das bisherige Beschäftigungsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden hat und eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen worden ist.

3. Ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne ist daher trotz eines rechtlich noch bestehenden Arbeitsverhältnisses und unabhängig von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers bereits dann nicht mehr gegeben, wenn die Arbeitsleistung tatsächlich nicht mehr erbracht wird, weil der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet hat oder das Arbeitsverhältnis auf Grund einer von ihm ausgesprochenen Kündigung als beendet ansieht und weitere Dienste des Arbeitnehmers nicht annimmt.

4. Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung kann während eines Zeitraums bestehen, in dem der Arbeitnehmer leistungsrechtlich als arbeitslos gilt und Arbeitslosengeld erhält.

5. Wird mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung nicht beendet ist, und wird das Ende des Arbeitsverhältnis durch arbeitsgerichtliches Urteil oder Vergleich auf einen nach dem letzten Arbeitstag liegenden, genau bezeichneten Zeitpunkt unter Zubilligung von Arbeitsentgelt festgesetzt, endet auch das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinne mit dem festgesetzten Zeitpunkt, obwohl das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers im leistungsrechtlichen Sinne mit dem letzten Tag der tatsächlichen Arbeit bzw mit der Kündigung beendet worden und Arbeitslosigkeit eingetreten ist. Demgegenüber endet das Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinn mit dem letzten Tag der tatsächlichen Arbeit, wenn der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genau - durch Urteil oder Vergleich - festgelegt oder eine Abfindung (aus der keine Beiträge zu zahlen sind) zugebilligt wurde.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. November 2006 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2003 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 1. August 2003 wegen fehlender Anwartschaftszeit abgelehnt hat.

Der 1956 geborene Kläger war seit dem 4. Oktober 1976 bei der Fa. C. GmbH & Co. KG (Fa. B.) als Brennschneider versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen Arbeitsunfähigkeit erfolgte eine Entgeltfortzahlung bis zum 16. Januar 2000. Ab dem 17. Januar 2000 bezog er bis zum 1. Oktober 2000 Krankengeld. Vom 2. Oktober 2000 bis 24. Oktober 2000 nahm er an einer Heilmaßnahme teil und bezog Übergangsgeld von der Krankenkasse. Ab 25. Oktober 2000 war er wieder arbeitsfähig, trat seine Arbeit aber zu keinem Zeitpunkt mehr an und erhielt auch keine Entgeltzahlungen.

Am 7. August 2000 wandte sich der Kläger an die Fa. B., durch übermäßige Staubentwicklung sei es zu seiner gesundheitlichen Schädigung gekommen. Es sei zu überlegen, wie das bestehende Arbeitsverhältnis sinnvoll gelöst werde. Dem erwiderte die Fa. B., man verwahre sich dagegen, eine übermäßige Staubentwicklung habe zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt. Sollte er Sorge haben, bei einer Eigenkündigung Sperrzeiten zu bekommen, sei man bereit, aus personenbezogenen Gründen zu kündigen.

Am 25. Oktober 2000 wandte sich der Kläger wiederum an seinen Arbeitgeber und teilte ihm mit, er sei gesund geschrieben. Er biete seine Arbeitskraft an und ersuche um Bekanntgabe, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Arbeitsplatz er seine Arbeit wieder aufnehmen solle. Die Fa. B. wies darauf hin, das Arbeitsverhältnis bestehe nach wie vor. Es sei Sache des Arbeitnehmers, nach der Gesundung unaufgefordert wieder zur Arbeit zu erscheinen. Warum er dies bisher nicht getan habe, sei nicht erkennbar. Man sehe keine Veranlassung, ihn zur Arbeit aufzufordern, da sein Arbeitsvertrag nach wie vor Gültigkeit habe und er nach Gesundung automatisch zur Arbeitsleistung verpflichtet sei. Der Kläger machte dagegen geltend, man habe offenbar keinen bestimmten Arbeitsplatz für ihn. Er halte es deswegen für sinnvoll, sich über die Auflösung des Arbeitsvertrages und über eine Abfindung Gedanken zu machen. Ihm stehe noch Urlaubsge...

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