Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenkasse: Nichtvergütung eines Leistungserbringers bei einer außerhalb der Zulassung erbrachten Leistung

 

Leitsatz (amtlich)

Die in Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit ist nicht verletzt, wenn ein Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen außerhalb seiner erteilten Zulassung und seines Versorgungsauftrags keine Vergütung erhält.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.07.2019; Aktenzeichen B 3 KR 62/18 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 14.12.2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahren trägt die Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung der Vergütung von Leistungen der Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie im Zeitraum vom 12.10.2010 - 31.12.2011 in Höhe von 9.405,87 €.

1. Die Beklagte ist ausgebildete Logopädin und seit 1984 in eigener Praxis tätig. Mit Zulassungsbescheid vom 01.08.2008 hatte die Klägerin der Beklagten ab dem 01.10.2008 die Zulassung zur Abgabe von Leistungen der Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie in deren damals erworbenen Eigentumswohnung erteilt. Aufgrund einer Besichtigung der Praxisräume am 21.09.2010 nach einer Versichertenbeschwerde stellte die Klägerin gegenüber der Beklagten fest, dass die Praxisräume in der Privatwohnung der Beklagten nach einem Umbau nicht mehr den Zulassungsvoraussetzungen gemäß den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen entsprechen. Mit Bescheid vom 06.10.2010 wurde der Zulassungsbescheid vom 01.08.2008 mit Wirkung zum 12.10.2010 widerrufen. Der Widerspruch der Beklagten gegen den Widerrufsbescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 zurückgewiesen. Die dagegen vor dem Sozialgericht München erhobene Klage vom 14.12.2010 (S 29 KR 1197/10) wurde erst- (Gerichtsbescheid vom 27.07.2011) und zweitinstanzlich (Urt. des Bayer. LSG v. 14.05.2013 - L 4 KR 302/11) abgewiesen. Die gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht wurde am 09.12.2013 verworfen (B 1 KR 91/13 B).

Ein Antrag der Beklagten im einstweiligen Rechtsschutz vom Mai 2011 auf Vergütung von Leistungen ist unter Bezugnahme auf die widerrufene Zulassung der Beklagten als Leistungserbringerin in zwei Instanzen abgewiesen worden (Beschlüsse vom 31.05.2011 - S 29 KR 492/11 ER und 24.08.2011 - L 4 KR 267/11 B ER).

Die Klage der Beklagten auf Neuzulassung vom Mai 2014 ist rechtskräftig abgewiesen worden (Gerichtsbescheid des München v.03.07.2015 - S 29 KR 586/14, Rücknahme des Berufungsverfahrens - L 5 KR 353/15).

Im einstweiligen Rechtsschutz ist der Beklagten im Jahr 2017 in zwei Instanzen die Leistungserbringung ohne Zulassung untersagt worden (Beschlüsse des SG München v. 06.04.2017 - S 17 KR 2054/16 ER und des Bayer. LSG v. 19.05.2017 - L 5 KR 244/17 B ER).

2. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 12.10.2010 bis 31.12.2011 und darüber hinaus versorgte die Beklagte auf vertragsärztliche Verordnung Versicherte der Klägerin mit Stimm-, Sprach- und Sprechtherapie. Mit Schreiben vom 12.02.2014 übersandte die Klägerin der Beklagten unter Hinweis auf den Beschluss des BSG vom 09.12.2013 (B1 KR 91/13 B) eine Aufstellung der Vergütungen für Heilmittelleistungen, die die Beklagte seit dem Widerruf der Zulassung erbracht und mit der Klägerin abgerechnet hatte und forderte die Rückzahlung der erbrachten Vergütungen in Höhe von gesamt 18.309,81 € sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 €. Der Betrag ergebe sich aus Rechnungen der Beklagten für den Zeitraum seit dem Widerruf der Zulassung in Höhe von 27.080,41 €, welche in Rechnung gestellt und vergütet worden waren, bis auf einbehaltene Beträge in Höhe von 2.873, 31 € (aus 2010) und 5.897,29 € (aus 2013 und 2014). Nachdem die Beklagte auf das Rückzahlungsverlangen nicht reagierte, erneuerte die Klägerin ihre Forderung mit Schreiben vom 15.12.2015 und forderte die Beklagte auf, den Betrag in Höhe von 23.309,81 € spätestens bis zum 22.12.2015 zu überweisen oder bis dahin schriftlich auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Sie wies darauf hin, dass nach Verstreichen der Frist weitere Schritte eingeleitet werden müssten. Die Beklagte hat Widerspruch erhoben.

3. Mit am 30.12.2015 zum Sozialgericht München erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren als Teilklage zur Fristwahrung für den Zeitraum vom 12.10.2010 bis 31.12.2011 in Höhe von 9.405,87 € weiterverfolgt. Die von der Klägerin zurückgeforderten Beträge beinhalteten Leistungen, welche die Beklagte während der laufenden Klage gegen den Widerruf ihrer Zulassung abgerechnet habe. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage sei jedoch mit Bestandskraft des Widerspruchsbescheids rückwirkend entfallen. Die Zahlungen seien damit ohne Rechtsgrund erfolgt und von der Beklagten zu erstatten. Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbild...

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