Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Verfassungsmäßigkeit der Abschlagsregelung bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährige Versicherte
Leitsatz (amtlich)
Die Abschlagsregelung bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährige Versicherte ist verfassungsgemäß; dies gilt auch für die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI (hier: idF bis 31.12.2007).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 23.01.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die ungekürzte Zahlung einer Altersrente für langjährig Versicherte.
Der 1942 geborene Kläger beantragte am 28.06.2005 die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte.
Mit Bescheid vom 17.08.2005 bewilligte ihm die Beklagte eine Altersrente für langjährige Versicherte mit einem monatlichen Zahlbetrag vom 1.594,26 €. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres minderte sie den Zugangsfaktor für 24 Kalendermonate um jeweils 0,003, also 0,072, so dass sie einen gekürzten Zugangsfaktor von 0,928 und damit persönliche Entgeltpunkte von 67,2313 statt 72,4475 in die Rentenformel einstellte.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 12.09.2005, eingegangen bei der Beklagten am 13.09.2005 Widerspruch. Im Wesentlichen begehrte er eine abschlagsfreie Rente und gab an, auch ein Beamter mit 45 Dienstjahren bekomme mit 63 Jahren seine volle Pension.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Altersrente sei richtig berechnet. Die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) finde keine Anwendung, da der Kläger nicht vor dem 01.01.1942 geboren sei. Demzufolge seien die Abschläge richtig errechnet.
Dagegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 05.01.2006 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) unter dem Az. S 2 R 4003/06 erheben lassen.
Im Wesentlichen hat dieser vorgetragen, das Abstellen auf den 01.01.1942 als Stichtag erscheine willkürlich und benachteilige den 1942 geborenen Kläger in unangemessener Weise.
Im Erörterungstermin vom 31.08.2008 hat der Bevollmächtigte des Klägers den Streitgegenstand auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vertrauensschutzregelung des § 236 SGB VI beschränkt. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 13.10.2011 hat der Kläger um Wiederaufnahme des Verfahrens ersucht. Das Verfahren wurde unter dem Az. S 2 R 925/11 fortgeführt.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht den Vorlagebeschluss 1 BvL 5/06 aufgehoben habe. Das Bundessozialgericht habe das Verfahren B 13 R 5/09 R durch Urteil vom 19.11.2009 zurückgewiesen. Die Regelungen seien verfassungsgemäß.
Der Kläger hat erwidert, dass er die Ungleichbehandlung von Beamten, die nach 45 Dienstjahren ohne Einschränkung der Pensionsbezüge in Pension gehen könnten und die bei ihm vorgenommene Kürzung nicht für berechtigt halte und insoweit eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern und Beamten gegeben sei, die in dieser Gestalt nicht hinnehmbar sei. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrund-satz und damit auch gegen die Gleichheitsrichtlinien der Europäischen Union.
Nach Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2014 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf abschlagsfreie Gewährung von Altersrente für langjährige Versicherte. Die Beklagte habe die Altersrente des Klägers fehlerfrei unter Zugrundelegung der Abschlagsregelung berechnet. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.11.2009, B 13 R 5/09 R hat es ausgeführt, die Regelung des § 236 SGB VI verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG). Die Regelung stelle eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar und verletze nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere liege keine Ungleichbehandlung der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Gruppe der Beamten vor. Zwischen den Alterssicherungssystemen "gesetzliche Rentenversicherung" und "Beamtenversorgung" bestünden grundsätzliche Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie Unterschiede im Zugang zur Altersrente einerseits und zu den Versorgungsbezügen andererseits in Bezug auf Einzelzugangszeitpunkte rechtfertige.
Dagegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Berufung zum Bayer. Landessozialgericht am 11.02.2014 eingelegt. Im Wesentlichen hat er das Vorbringen in der ersten Instanz wiederholt. Ergänzend hat er unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 06.11.2012, C-286/12 vorgetragen, die Stichtagsregelung des § 236 SGB VI verstoße gegen die Richtlinie 2000/78/EG im Hinblick auf das dort niedergelegte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters.
Der Kläger beantragt,
den Ger...