Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Wirksamkeit einer Änderung der Vergütungsregelungen eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gegenüber einem teilnehmenden Arzt. Haftung des Hausarztes bei Verletzung der vertraglichen Informationspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Die zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen am 16.12.2009 mit Wirkung zum 1.1.2010 vereinbarte Änderung der Anlage 10 Anhang 1, die Substitutionsleistungen nach den GOP 01950 - 1952 zum Gegenstand der HzV machte, ist gegenüber dem Beklagten im Quartal 1/2010 mangels der nach § 7 Abs 2 S 1 HzV-Vertrag erforderlichen Mitteilung der Änderung des Anhangs 1 zur Anlage 10 zm HzV-Vertrag nicht wirksam geworden.
2. Im Zuge der Abrechnung für das 1. Quartal 2010 war der Beklagte jedoch aus § 6 Abs 1 S 2 HzV-Vertrag verpflichtet, sich über die aktuellen Vergütungsregelungen, auch in Hinblick auf die vom Beigeladenen ausdrücklich mitgeteilten Neuerungen, zu informieren.Übt der Beklagte dann - nach der zu unterstellenden vollständigen Kenntnis von den Änderungen der Anlage 10 - sein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Beigeladenen nicht aus und macht auch nicht in anderer Weise gegenüber dem Beigeladenen deutlich, mit den Änderungen nicht einverstanden zu sein, ist er nach § 242 BGB an dem von ihm gesetzten Rechtsschein der Genehmigung der Vertragsänderung festzuhalten. Ab dem 2. Quartal 2010 gelten daher auch für ihn die mit Wirkung zum 1.1.2010 geänderten Vergütungsregelungen der Anlage 10 HzV-Vertrag.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Oktober 2017, S 28 KA 1938/14, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 6.349,55 Euro zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 25 % und der Beklagte 75 %.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Noch streitig im Berufungsverfahren ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 9.306,11 Euro. Dieser resultiert aus einer Forderung im Zusammenhang mit Substitutionsleistungen aus einem Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung.
Zwischen der Klägerin und dem beigeladenen Bayerischen Hausärzteverband e.V. (nachfolgend: BHÄV) bestand in den Jahren 2009 und 2010 ein Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung (nachfolgend: HzV-Vertrag), der durch die Klägerin zum 31.12.2010 gekündigt wurde. Die Abrechnung der vom Hausarzt erbrachten Leistungen erfolgte im Verhältnis Hausarzt und Bayerischer Hausärzteverband (= Beigeladener). Der Beigeladene bediente sich hierzu einer Abrechnungsgesellschaft, der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft AG (HÄVG). Die HÄVG nimmt auch die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen vor (vgl. § 13 Abs. 3 HzV-Vertrag). Auch der Klägerin kommt ein Prüfungsrecht auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung zu.
Der Beklagte war im streitigen Zeitraum in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nahm als Hausarzt am HzV-Vertrag teil. Mit der Schlussabrechnung für das Quartal 4/2010 informierte die HÄVG den Beklagten, dass durch die Klägerin 11.931,84 € für die Absetzung von KV-Leistungen geltend gemacht wurden, die in den Anlagen zur Schlussabrechnung näher dargestellt wurden. Die Forderung werde dem Honorarkonto des Beklagten belastet. Nach Verrechnung weiterer Gutschriften, Belastungen und eines Sicherungseinbehalts in Höhe von 3.430,73 € wurde durch die HÄVG eine Forderung in Höhe von 9.384,88 € geltend gemacht, welche bis zum 26.09.2013 an die HÄVG zu zahlen sei. Der Beklagte beglich die Forderung nicht und widersprach der Schlussabrechnung. Die Substitutionsleistungen seien außerbudgetär über die KVB abzurechnen. Dies sei auf gemeinsamen Veranstaltungen der KVB und des Hausärzteverbandes so kommuniziert worden.
Mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 17.02.2014 an die HÄVG ergänzte der Beklagte seinen Widerspruch insbesondere hinsichtlich der Absetzung der Substitutionsleistungen. Im Infobrief Nr. 10 sei die Substitution als Bestandteil der Pauschalvergütung nicht erwähnt. Einem Rückforderungsanspruch stehe das grundrechtlich verankerte Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 des Grundgesetzes sowie der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB entgegen.
Der BHÄV erklärte mit Schreiben vom 03.09.2014 die Abtretung der Forderung gegen den Beklagten in Höhe von 9.306,11 Euro an die Klägerin und informierte den Beklagten hierüber mit Schreiben vom gleichen Tag.
Die Klägerin hat am 17.12.2014 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Abzüglich des Sicherungseinbehalts von 3.430,73 Euro machte die Klägerin letztlich insgesamt 9.306,11 Euro nebst den gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit gegen den Kläger geltend. Die streitgegenständliche Forderung ergebe sich aus abgetretenem Recht.
Zur Begründung führte die Klägerin aus, der Beklagte habe im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung die im HzV-Vertrag vorges...