Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. keine Verlegung bei stationärer Aufnahme in einem anderen Krankenhaus ohne Mitwirkung und Kenntnis des entlassenden Krankenhauses aufgrund eines unerwarteten Geschehensverlaufs
Orientierungssatz
1. Eine Verlegung im Sinne der FPV 2013 (juris: FPVBG 2013) liegt nur dann vor, wenn ein Versicherter auf Veranlassung des Krankenhauses, das ihn stationär behandelt hat, in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird.
2. Eine Verlegung liegt dagegen nicht vor, wenn ein Krankenhaus einen Versicherten in die hausärztliche Betreuung entlässt und dieser ohne Mitwirkung und Kenntnis des entlassenden Krankenhauses aufgrund eines unerwarteten Geschehensverlaufs binnen 24 Stunden in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. März 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 646,98 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Verlegungsabschlag von einer Krankenhausrechnung.
Die Klägerin, eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, betreibt das Klinikum A-Stadt. Die Klinik ist ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus.
Die 1926 geborene und bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich versicherte C. (im Folgenden: Versicherte) befand sich vom 20.09.2013 bis zum 01.10.2013 im Klinikum der Klägerin in stationärer Behandlung. Sie war wegen akuter Diarrhöen nach Antibiotikaeinnahme aufgenommen worden. Die Behandlung erfolgte aufgrund der Diagnose A04.7 "sonstige bakterielle Darminfektionen, Enterokolitis durch Clostridium difficile". Die Versicherte wurde am 01.10.2013 um 12.53 Uhr in gutem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche Betreuung entlassen.
Am 02.10.2013 um 10.14 Uhr wurde die Versicherte wegen einer psychischen Störung zur stationären Behandlung in das I.-Klinikum W-Stadt aufgenommen.
Die Klägerin rechnete die für die Versicherte erbrachten Leistungen mit der DRG G48A ab (Koloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC, komplizierendem Eingriff oder Alter ( 15 Jahre, mit schwerer Darminfektion oder bei Zustand nach Organtransplantation) und stellte der Beklagten einen Betrag in Höhe von 5.081,20 EUR in Rechnung (Endrechnung vom 23.10.2013).
Die Beklagte wies die Rechnung zurück und bat um Erstellung einer neuen Rechnung unter Berücksichtigung von Verlegungsabschlägen. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, zahlte die Beklagte am 14.03.2014 unter Abzug eines Verlegungsabschlags einen Betrag von 4.434,22 EUR. Zur Begründung verwies sie darauf, dass ab Entlassung der Versicherten aus dem Klinikum der Klägerin am 01.10.2013 bis zu ihrer Aufnahme im I.-Klinikum W-Stadt weniger als 24 Stunden gelegen hätten und die mittlere Verweildauer von 13,1 Tagen bei der DRG G48A nicht erreicht worden sei.
Die Klägerin hat am 02.06.2016 Klage zum Sozialgericht München erhoben und den Differenzbetrag von 646,20 EUR geltend gemacht nebst Zinsen ab 15.11.2013. Es habe schon begrifflich keine Verlegung vorgelegen. Zwar habe eine erneute Aufnahme in ein Krankenhaus innerhalb von 24 Stunden stattgefunden. Gleichwohl handele es sich nicht um eine Verlegung, weil die Behandlung der Darmerkrankung im Klinikum A-Stadt mit der Entlassung aus dem Klinikum in die hausärztliche Weiterversorgung vollständig abgeschlossen gewesen sei. Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen der im Klinikum A-Stadt behandelten Darmerkrankung und der psychiatrischen Erkrankung. Die Aufnahme in der psychiatrischen Fachklinik in W-Stadt sei ohne Veranlassung oder Zutun des Klinikums A-Stadt erfolgt. Nach herrschender Rechtsprechung sei trotz einer formalen Wiederaufnahme innerhalb von 24 Stunden keine Verlegung anzunehmen, wenn nachweislich bei der Entlassung des Patienten eine Krankenhausbedürftigkeit nicht mehr bestehe und die Aufnahme in das andere Krankenhaus wegen einer nicht mit der vorherigen Behandlung im Zusammenhang stehenden Behandlung erfolge.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass die die Voraussetzungen für einen Verlegungsabschlag nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Fallpauschalenvereinbarung 2013 (FPV 2013) erfüllt seien. Es komme nicht auf einen (medizinischen) Zusammenhang zwischen den jeweiligen Erkrankungen an. Die Regelungen im Fallpauschalen-Katalog seien streng nach ihrem Wortlaut auszulegen.
Das Sozialgericht München hat die Beklagte mit Urteil vom 21.03.2017 verurteilt, an die Klägerin 646,98 EUR an die Klägerin nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.11.2013 zu zahlen, und die Berufung zugelassen. Die streitgegenständliche Rechnung der Klägerin vom 23.10.2013 sei nicht zu beanstanden. Ein Verlegungsabschlag i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2013 sei nicht in Abzug zu bringen. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2013 se...