Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. Prüfung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen. zumutbare Verweisungstätigkeit bei einem Wachmann im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
1. Hat ein Erwerbstätiger zuletzt als Wachmann in einer Tätigkeit gearbeitet, die keiner Ausbildung bedarf und die in kurzer Zeit anlernbar ist, so ist er bei der Beurteilung des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
2. Einzelfall zur Prüfung der Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung (hier: Anspruch auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt, da keine die Erwerbsfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt).
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 1. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Oktober 1960 in der Türkei geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist im September 1973 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Er hat nach seinen eigenen Angaben keine Berufsausbildung sowie keine anderen Qualifikationen absolviert. Ein Anlernverhältnis bestand nicht. Er war dann ab 1977 bis 1985 auf diversen Arbeitsplätzen als Spengler-/Schlosserhelfer, 1986 bis 1987 als Pförtner und Wachmann, im Anschluss daran bis 1988 als Speditionsmitarbeiter, 1989 bis 1990 als Schweißer, 1990 bis 1993 wieder als Speditionsmitarbeiter und zuletzt durchgehend von 1994 bis Oktober 2013 als Wachmann im Separatwachdienst beschäftigt.
Mit Antrag vom 14. Januar 2014 begehrte der Kläger unter Hinweis auf neurologische Probleme, Angstzustände, Konzentrationsschwierigkeiten, Schweißausbrüche und Herzrasen Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese holte eine Auskunft des letzten Arbeitgebers ein. Danach handelte es sich bei der zuletzt verrichteten Arbeit als Wachmann um eine Tätigkeit, die von betriebsfremden ungelernten Kräften nach einer Einweisung von 3 Wochen verrichtet werden könne.
Die Beklagte holte nach Beiziehung diverser Befundberichte und eines sozialmedizinischen Gutachtens des MDK Bayern vom 17. Februar 2014, wonach eine Leistungsfähigkeit von weniger als 3 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliege, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S. vom 8. April 2014 ein. Dr. S. stellte beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mäßiggradig ausgeprägt, mit psychovegetativen Störungen (einschließlich Spannungskopfschmerz), eine schlafgebundene Atmungsstörung, einen Bluthochdruck, wirbelsäulenabhängige Beschwerden ohne schwerwiegende Funktionsminderung, Kniegelenksbeschwerden rechts ohne wesentliche Funktionsminderung, eine Nikotinabhängigkeit sowie ein Übergewicht fest und bescheinigte dem Kläger noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, Schicht- und Nachtdienst, besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie Tätigkeiten mit Publikumsverkehr. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 15. Mai 2015 ab. Der Kläger könne noch 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den er verwiesen werden könne, Arbeiten verrichten.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er leide unter einer starken Persönlichkeitsstörung, einer schweren Depression sowie Wirbelsäulen- und Kniegelenksbeschwerden. Auf das für den MDK Bayern erstellte sozialmedizinische Gutachten wurde verwiesen.
Die Beklagte zog daraufhin ein in einem Schwerbehindertenrechtsstreit (Az. S 14 SB 298/13) für das Sozialgericht Regensburg (SG) erstelltes Gutachten des Medizinaloberrats Z. vom 20. September 2013 bei, wonach ein Einzel-GdB für die seelische Störung von 40 zu vergeben sei und sich der Gesamt-GdB auf 50 erhöhe. Aktenkundig wurde ferner ein Entlassungsbericht der Klinik A. über Maßnahmen der stationären Rehabilitation, die im Mai/Juni 2004 stattfanden. Hier wurde der Kläger als leistungsfähig in einem Umfang von 6 Stunden und mehr als Wachmann sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen.
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten der Internistin S. vom 28. August 2014 ein, die folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger feststellte:
1. Koronare 3-Gefäßerkrankung mit Zustand nach PTCA und Stenting des RIVA am 22. Februar 2002 ohne Hinweise auf Progress, ohne regionale Wandbewegungsstörungen und ohne Einschränkung der systolischen linksventriculären Pumpfunktion
2. Schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom mit vorherrschender Tagesschläfrigkeit, Anpassung eines nCPAP-Gerätes 03/2004, Incompliance und fortgesetzter schädlicher Nik...