Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen: Abrechenbarkeit einer "Parenteralen Polychemotherapie„ (GOP 8651 EBM)

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Abrechnung der Nr 8651 ist die Angabe eines Zytostatikums notwendig, aber auch ausreichend.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24.04.2012 (Quartal 4/01, S 39 KA 1251/08, L 12 KA 80/12) insoweit aufgehoben, als die Beklagte verpflichtet wurde, in mehr als 39 Fällen die Ziffer 8651 nachzuvergüten. Die Klage der Klägerin wird insoweit abgewiesen und die Berufung der Beklagten im Übrigen zurückgewiesen.

II. Die Berufungen der Beklagten gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20.04.2012 und 24.04.2012 (Quartale 1/01, 1/02 bis 4/02, L 12 KA 79/12, L 12 KA 81/12 bis L 12 KA 84/12) werden zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten der Berufungsverfahren zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen sachlich-rechnerische Richtigstellungen in den Quartalen 1/01, 4/01 bis 4/02. Die Klägerin ist in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und nimmt als Internistin/Hämatologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Die Beklagte hat mit Honorarbescheid vom 26.07.2001 das Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2001 mit 252.435,38 € festgesetzt. Mit Richtigstellungsbescheid vom 26.07.2001 wurde in 78 Fällen die GOP 8651 EBM mit der Begründung abgesetzt, die Voraussetzungen zur Abrechnung der Leistung seien nicht erfüllt.

Gegen den Richtigstellungsbescheid vom 26.07.2001 hat die Klägerin mit Schreiben vom 03.08.2001 Widerspruch eingelegt. Die GOP 8651 EBM sei eine Leistungsziffer für parenterale Polychemotherapien. Bei den oben aufgeführten Behandlungsfällen handle es sich ausnahmslos um parenterale Polychemotherapien bei Tumorpatienten, bei denen bereits die GOP 8650 EBM abgerechnet worden sei. Die parenterale Polychemotherapie der GOP 8651 EBM umfasse auch die Monochemotherapie mit zytostatisch wirkenden Substanzen inkl. Bisphosphonaten, Zytokinen, monoklonalen Antikörpern und Hormonen. Damit sei die Abrechnung der GOP 8651 EBM vollauf begründet.

Die Beklagte hat mit Abhilfebescheid vom 16.10.2001 der Klägerin in 3 Behandlungsfällen Recht gegeben und ihr 291,43 € (= 3 x Nr. 8651) nachvergütet. In den verbleibenden Fällen handle es sich bei den in Kombination mit einer Monotherapie abgerechneten Medikamenten (z.B. Aredia oder Bondronat) nicht um Zytostatika, daher seien die Voraussetzungen zur Abrechnung der GOP 8651 EBM nicht gegeben. Diese Medikamente würden nur in Verbindung mit zwei Zytostatika aus der Monochemotherapie oder einem Zytostatikum aus der Polychemotherapie die Berechnungsfähigkeit der GOP 8651 EBM ergeben.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2002 den Widerspruch der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen, da die Voraussetzungen zur Abrechnung der GOP 8651 EBM nicht vorliegen würden. Die GOP 8651 EBM sei nach dem derzeit geltenden Leistungstext nur bei einer parenteralen Polychemotherapie abrechenbar. Das heiße, mehrere verschiedene Zytostatika müssten verabreicht werden. Die in den zur Rede stehenden Fällen angegebenen Medikamente würden nicht einer Polychemotherapie entsprechen, sondern seien nur im Rahmen einer Monochemotherapie verwendbar.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 26.07.2002 zum Sozialgericht München (Az.: zuletzt S 39 KA 1250/08). Die Klage wurde mit Schriftsatz der Klägerin vom 20.02.2006 näher begründet. Die Beklagte habe bis zum 4. Quartal 2000 die im Klageantrag genannten Bisphosponate und Zytostatika sowie andere antineoplastische Mittel für die Ansetzung der GOP 8651 EBM als berechtigt angesehen. Ab dem 1. Quartal 2001 habe die Beklagte ihre Abrechnungspraxis dahingehend geändert, dass sie bei Anwendung der vorbenannten Arzneimittel den Ansatz der GOP 8651 EBM als nicht mehr berechtigt angesehen habe, weil es sich bei den Bisphosphonaten um kein Chemotherapeutikum handle und im Übrigen die Arzneimittel nicht im Rahmen einer Polychemotherapie verabreicht worden seien. Die Argumentation der Beklagten könne schon aus teleologischen Gründen nicht überzeugen, da wohl der Terminus "poly" zunächst auf ein Mehrfachpräparat zu verweisen scheine, jedoch die Einfügung in der Klammer ausdrücklich "das verwendete Arzneimittel", also im Singular, angegeben sei. Dies könne nach hiesiger Auffassung dahinstehen, da heutiger medizinischer Standard neben anderem die sog. sequenzielle Monotherapie sei, d.h. einzelne Substanzen würden in höherer Dosierung verabreicht (vgl. Urteil des SG München, Az.: S 38 KA 1341/02). Die Beklagte habe die GOP 8651 EBM bei den Bisphosphonaten Aredia, Bondronat, Bonefos und Zometa abgesetzt. Alle vorbenannten Arzneimittel würden über einen ähnlichen Wirkstoff verfügen. Sie würden bei im Wesentlichen gleicher Indikation eingesetzt, wobei das Therapiespektrum bei Zometa und Bondronat noch umfassender sei. Bezüglich der Abrechenbarkeit werde wiede...

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