Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Vorverfahrenskosten gem § 63 SGB 10. Zulässigkeit des Widerspruchs gegen eine Mahnung. Verwaltungsakteigenschaft der Festsetzung von Mahngebühren
Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung von Mahngebühren stellt einen Verwaltungsakt iSv § 31 SGB 10 dar.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung A-Stadt GmbH (ARGE) machte mit Bescheid vom 17.04.2007 gegenüber der Klägerin eine Erstattungsforderung in Höhe von 351,87 EUR geltend. Dieser Bescheid ist nicht bindend.
Mit Schreiben vom 20.05.2007, tituliert als "Mahnung", forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des von der ARGE geltend gemachten Erstattungsbetrags in Höhe von 191,00 EUR (Regelleistung) und in Höhe von 160,87 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung) auf und machte in diesem Schreiben zusätzlich Mahngebühren in Höhe von 2,05 EUR geltend.
Dagegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 18.06.2007 Widerspruch ein und trug vor, dass der gegen den Bescheid vom 17.04.2007 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und daher die Forderung nicht fällig sei.
Am 13.07.2007 erfolgte eine Kennzeichnung der Forderung in dem Sinne, dass Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid erhoben wurde; die Mahngebühr wurde storniert.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 den Widerspruch als unzulässig zurück und entschied unter Ziffer 2, dass die im Widerspruchsverfahren ggf. entstandenen notwendigen Aufwendungen nicht erstattet werden. Die Mahnung vom 20.05.2007 stelle keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, SGB X dar, da mit der Mahnung keine eigenständige Regelung getroffen worden sei. Bei einer Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit, mit der diese die Rückzahlung von Leistungen anmahne, handle es sich um eine Mahnung i.S.d. § 3 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), die als unselbständige Vorbereitungshandlung zur Vollstreckungsanordnung oder zu den eigentlichen Vollstreckungshandlungen nicht anfechtbar sei. Zudem liege keine Beschwer vor, da die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86a Sozialgerichtsgesetz (SGG) beachtet worden und die Mahngebühr storniert worden sei. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sei auch nicht notwendig gewesen. Im Hinblick auf die gut verständlichen Hinweise zur Zahlungsmitteilung bzw. der Mahnung, mit welcher die Widerspruchsführerin eindeutig aufgefordert worden sei, sich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden und die Regionaldirektion Bayern - Forderungseinzug B.- zu informieren, falls sie Widerspruch gegen die Forderung erhoben habe. Daher könne von einem komplexen Sachverhalt nicht ausgegangen werden.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben und die Abänderung des Bescheides vom 20.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.11.2007 dahingehend beantragt, dass die Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren übernommen werden. Die Klage richte sich gegen die Kostenentscheidung. Da eine Stornierung der Mahngebühren am 13.07.2007 erfolgt sei, sei diesbezüglich keine Beschwer mehr gegeben. Jedoch habe die unrechtmäßige Mahnung eine Veranlassung zur Erhebung des Widerspruchs gegeben, so dass auch die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten seien.
Nach Ansicht der Beklagten sei die Erhebung der Mahngebühr nach § 19 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) kein Verwaltungsakt. Für eine Mahnung i.S.d. § 3 Abs. 3 VwVG werde gemäß § 19 Abs. 2 VwVG eine Mahngebühr erhoben. Bei Mahngebühren handle es sich um ein nach festen Sätzen bemessenes Entgelt für die Amtshandlung der Mahnung. Sie werde ohne Rücksicht darauf erhoben, ob und in welcher Höhe im Einzelfall ein Verwaltungsaufwand entstanden sei. Die Festsetzung der Mahngebühr sei damit als eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung i.S.v. § 80 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzusehen und nicht als Einzelfallregelung und damit als Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X. Die Beklagte hat ergänzend auf das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt (VG) vom 24.06.1999, Az. M 10 K 98.3007 und des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 13.09.1999, Az. 23 ZB 99.2507 hingewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.11.2009 hat das SG den Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 im Tenor unter Ziffer 2. dahingehend abgeändert, dass die Beklagte die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt wird. Der Anspruch ergebe sich aus § 63 SGB X. Der Widerspruch gegen die Fest...