Entscheidungsstichwort (Thema)

Absoluter Rechtsmittelverlust durch Rücknahme

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zurücknahme der Berufung bewirkt den Verlust dieses Rechtsmittels an sich, nicht nur den Verlust der eingelegten Berufung.

 

Tenor

I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 11.01.2012 werden zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2).

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Arzneiregresse bei den Einzelverordnungen wegen der Verordnung von Immunglobulinen in den Quartalen 4/00, 1/01 und 2/01.

I.

Die Beigeladene zu 2) in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 45/12 hat mit Schreiben vom 21.03.2002 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise in Einzelfällen im Quartal 2/01 u.a. wegen der Verordnung von Octagam gestellt. Hierzu hat sich die Prozessbevollmächtigte am 24.05.2002 geäußert. Die Praxisbesonderheit einer HIV-Schwerpunktpraxis führe naturgemäß zu überdurchschnittlichen Arzneikosten. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die unter dem Durchschnitt liegenden Krankenhauseinweisungen hinzuweisen. Hinsichtlich der Verordnung von Immunglobulinen in der HIV-Versorgung sei darauf hinzuweisen, dass diese sich nicht gegen die Empfehlungen der DAGNÄ e. V. richten würden. Diese Empfehlungen würden sich gerade auf jene Fälle beziehen, in denen die Verordnung trotz und in Ergänzung zur hoch aktiven antiretroviralen Kombinationstherapie aus medizinischer Sicht notwendig sei. Die Vertragsärzte hätten die Verordnung von Immunglobulinen lediglich in den Fällen vorgenommen, bei denen zum einen eine stark fortgeschrittene Krankheitsphase der HIV-Erkrankung erreicht gewesen sei, zum anderen hätten diese Patienten an rezidivierenden bakteriellen oder viralen Infekten, die trotz medikamentöser Behandlung, zum Beispiel mit Antibiotika, immer wieder auftreten würden, gelitten. Grund dafür sei die Tatsache, dass mit der hoch aktiven antiretroviralen Kombinationstherapie der erworbene Immundefekt nicht beseitigt werde. Durch diese Therapie werde lediglich die Ausbreitung des HI-Virus im menschlichen Körper eingedämmt bzw. verzögert. Vernichtet werde das Virus nicht. Gleichwohl zeigten einige Patienten, bei denen die hoch aktive antiretrovirale Kombinationstherapie nicht zum begehrten Therapieziel führe, dass in diesen Fällen die Ergänzung der Therapie mit Immunglobulinen indiziert sei. Zweifelsfrei handle es sich bei der HIV-Infektion um eine sekundäre Immundefektkrankheit. Die Existenz dieser Erkrankung werde in den Leitlinien verschwiegen. Damit würden diese keine abschließende Regelung enthalten und ihre Heranziehung erscheine im Hinblick auf die bestehende Problematik wenig hilfreich. Hinsichtlich der einzelnen Patienten sei darauf hinzuweisen, dass die Patientin A.G. das Stadium AIDS der HIV-Infektion erreicht habe, außerdem Hepatitis C gehabt habe. Sie sei wegen einer schweren beidseitigen abszedierenden Pneumonie stationär behandelt worden. Seit sie Immunglobulinpräparate enthalte, habe ein deutlicher Rückgang von Infektionen dokumentiert werden können. Die Patientin sei der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen zuzuordnen. Der Patient W.M. habe ebenfalls das Stadium AIDS der HIV-Infektion erreicht. Ein Auslassversuch habe bei diesem Patienten zu gehäuften Infektionen und massiven Defekten geführt. Auch bei der Patientin J.L. (Stadium AIDS) zeige sich dank IVIG ein deutlicher Rückgang von Infektionen, ebenfalls bei dem Patienten R.B. Der Patient H.N. (AIDS) habe bedingt durch einen Arztwechsel einen Auslassversuch hinter sich gebracht, der zu gehäuften Infektionen geführt habe. Beim Patienten E.P. (Kategorie 3) habe durch die Verordnung von IVIG eine wesentliche Besserung schwerster Infektionen erreicht werden können.

Der Prüfungsausschuss der KVB Bezirksstelle A-Stadt Stadt und Land hat mit Bescheid vom 20.01.2003 gegen die Klägerin einen Regress bei den Einzelverordnungen in Höhe von 28.511,60 EUR festgesetzt. Der Prüfungsausschuss habe eine Einzelfallprüfung durchgeführt und könne die von der AOK Bayern getroffenen Feststellungen hinsichtlich der unwirtschaftlichen Verordnungsweise zum Teil bestätigen.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 17.02.2003, der mit Schriftsatz vom 06.06.2003 näher begründet wurde. In den vorliegenden Fällen sei die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittelrichtlinien umfasst. Nach der Nr. 20 dieser Richtlinien dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulin-Präparate insbesondere bei immunsupprimierten Patienten und bei Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass die aufgeführten Patienten neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an andere...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge