nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintritt der Erwerbsminderung während des laufenden Gerichtsverfahrens. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Rechtsänderung während laufendem Gerichtsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Bestand am 31.12.2000 kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähgkeit und ergibt sich im Laufe des Gerichtsverfahrens ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht für einen späteren Zeitraum, so ist die ab 01.01.2001 geltende Neuregelung heranzuziehen (§ 300 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI – im Anschluss an BSG, Urteil v. 28.08.2002 – B 5 RJ 8/02 R).
Normenkette
SGB VI a.F. §§ 43-44; SGB VI § 300
Verfahrensgang
SG Landshut (Entscheidung vom 12.04.2002; Aktenzeichen S 14 RJ 163/00 A) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte in Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 12. April 2002 sowie des Bescheides vom 31. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1999 verurteilt, dem Kläger ab 1. Mai 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. Juni 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1946 in Bosnien-Herzegowina geborene Kläger hat in der Zeit von 1961 bis 1964 in seiner Heimat den Beruf des Elektroinstallateurs erlernt. Während seiner am 01.04.1970 begonnenen Beschäftigung als Monteur bei der Firma S. AG erlitt er 1971 und 1977 Arbeitsunfälle, die einen Kniescheibenbruch, einen Handgelenksbruch und eine Oberschenkelhalsfraktur zur Folge hatten und seit 01.10.1977 eine MdE von 30 v.H. bzw. ab 01.09. 1977 eine solche von 40 v.H. und ab 01.01.1997 eine zusätzliche MdE von 10 v.H. bedingen. Wegen der Unfallfolgen und zur Vorbereitung einer Technikerprüfung erfolgte am 01.11.1980 eine betriebsinterne Umsetzung in die Registratur und eine Herabstufung von der Lohngruppe 8 der Bayerischen Metallindustrie in die Lohngruppe 7. Ende Januar 1982 beendete der Kläger seine Beschäftigung in Deutschland und kehrte in seine Heimat zurück.
1992 kam er als Flüchtling erneut nach Deutschland, wo er zwischen Dezember 1992 und Juli 1993 bei drei verschiedenen Arbeitgebern kurzfristig als Elektroinstallateur und vom 04.10. 1993 bis 18.02.1994 als Kundendienstmonteur bei der nicht mehr existenten Firma M.-Technik GmbH beschäftigt war. Von März 1995 bis September 1995 war er als Hausmeister und von September 1995 bis Juni 1999 als Beschilderer und Verpacker bei der Firma L. AG beschäftigt, die ihn nach der Lohngruppe 4 des Tarifvertrags der Bayerischen Metallindustrie entlohnte. Mangels Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis wurde das letzte Arbeitsverhältnis bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit ab 23.04. 1999 gekündigt.
Den Rentenantrag vom 27.01.1999 lehnte die Beklagte am 31.05. 1999 mit der Begründung ab, der Kläger könne noch mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Im Widerspruchsbescheid vom 18.11.1999 heißt es, der Kläger genieße keinen Berufsschutz als Facharbeiter, da der bis 1994 ausgeübte Beruf als Elektriker nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden sei.
Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, zwischen 1992 und 1995 sieben Arbeitsplätze jeweils durch Krankheit verloren zu haben. Er hat verschiedene Kündigungsschreiben, Vermittlungsangebote des Arbeitsamtes und Bewerbungsschreiben vorgelegt.
Der Allgemeinarzt Dr. Z. hat in seinem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 30.08.2000 ausgeführt, der Kläger könne nur leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen vollschichtig verrichten. Demgegenüber hat der Unfallchirurg Dr. H. in seinem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 13.09.2001 ab 1999 ein untervollschichtiges Leistungsvermögen und ab 01.12. 2000 ein untersechsstündiges Leistungsvermögen mit zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen bejaht. Dem haben sich weder Dr. Z. noch Dr. L. , der Beratungsarzt der Beklagten, anschließen können.
Das Sozialgericht hat die Klage - gestützt auf das Gutachten Dr. Z. - am 12.04.2002 abgewiesen: Der Kläger habe sich 1994 vom erlernten Beruf gelöst. Gesundheitliche Gründe seien nicht nachgewiesen, nachdem die Firma M. aus Arbeitsmangel gekündigt, der Kläger sich nach 1995 um eine Stelle als Elektriker beworben und er nach den Arbeitsunfällen 1971 und 1977 noch bis Februar 1995 als Elektroinstallateur gearbeitet habe. Als bisheriger Beruf gelte daher der als Beschilderer, weshalb der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen sei.
Gegen den am 05.05.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.07.2002 Berufung eingelegt und Berufsschutz sowie ein fehlendes vollschichtiges Leistungsvermög...