Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung. Ruhen des Anspruchs wegen Bezugs von Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit aus der Unfallversicherung. Zusätzliche Betreuungsleistungen bei Demenz. Kurzzeitpflege. Heimpflege

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelung des § 34 SGB XI über das Ruhen von Leistungsansprüchen aus der sozialen Pflegeversicherung bei gleichzeitigem Bezug von Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit erfasst alle Arten von Leistungen nach dem SGB XI und differenziert nicht nach dem konkreten Zweck der konkurrierenden Leistungen. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob Pflegeleistungen wegen eines Unfallschadens gewährt werden.

2. Die Ruhensbestimmung des § 34 SGB XI gilt auch für zusätzliche Betreuungsleistungen für die Pflege dementer Pflegebedürftiger nach § 45b SGB XI und die Kosten der Kurzzeitpflege gem. § 42 SGB XI.

 

Normenkette

SGB XI §§ 34, 45b, 42; SGB VII § 44

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. September 2007 zum Aktenzeichen S 32 KN 180/05 aufgehoben und die Klage gegen die Bescheide vom 23. Februar 2005 und 11. März 2005, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2005, abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. September 2007 zum Aktenzeichen S 32 KN 332/05 P wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Pflegekasse an die Klägerin, der Rechtsnachfolgerin des Versicherten, ungekürzte Leistungen der Pflegeversicherung zu zahlen hat.

Die Klägerin ist die Ehefrau des 1932 geborenen und am 12. Februar 2006 verstorbenen bei der Beklagten versicherten K. B. (nachfolgend: F). Dieser hatte am 18. Dezember 1961 bei seiner Beschäftigung im Bergwerk der S. W. einen Unfall erlitten, bei dem er auf beiden Augen erblindete. Von der - nach dem Beitritt der neuen Bundesländer zuständig gewordenen - Bau-Berufsgenossenschaft, der Beigeladenen, erhielt er wegen dieses Arbeitsunfalls Rente in Höhe von 100 v H ab Juli 1991. Pflegegeld wurde ihm nach Kategorie E in Höhe von 60 % des jeweiligen Höchstbetrages gewährt. Im streitigen Zeitraum betrug dieses 614,26 EUR monatlich (Bescheid vom 29. Mai 1992). Grundlage war das Gutachten des Dr. N. vom 16. März 1992. Darin wurde ausgeführt, F könne alleine zu Bett gehen und aufstehen, sich allein waschen und die Zähne putzen, die Toilette aufsuchen und sich in der Wohnung bewegen. Selbstständig essen und trinken könne er, wenn ihm die Nahrung vorgesetzt werde, sich alleine an- und ausziehen, wenn Kleidung bereit gelegt werde. Hilfe brauche er für Rasieren, für gründliche Körperreinigung und für Wege außer Haus sowie für hauswirtschaftliche Versorgung,

Die Beklagte erkannte bei F mit Bescheid vom 8. Dezember 1995 ab Inkrafttreten der sozialen Pflegeversicherung Pflegebedürftigkeit nach Stufe I und ab 1. Juni 2005 nach Stufe II an. Leistungen gewährte sie nicht, weil das aus der Unfallversicherung bezogene Pflegegeld höher sei und zum Ruhen führe.

Im Laufe des Jahres 2002 traten bei F Ausfallerscheinungen infolge einer Altersdemenz auf. In der Zeit vom 2. bis 22. Februar 2005 und vom 27. April bis 14. Mai 2005 war F in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung und vom 15. Mai 2005 bis 13. September 2005 in einem Heim für vollstationäre Pflege untergebracht. Danach lebte er bis zu seinem Tod wieder zu Hause und wurde von der Klägerin gepflegt.

F beantragte am 2. Februar 2004, eine höhere Pflegestufe festzustellen. Die Beklagte ließ ihn durch ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) untersuchen. Dieser kam zum Ergebnis, es sei keine Änderung des unfallbedingten Pflegebedarfs eingetreten; die Demenz sei unfallunabhängig. Am 15. März 2004 erklärte die Beklagte, die Voraussetzungen für Leistungen nach § 45 b des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) seien erfüllt. Es stünden dem Grunde nach Leistungen für zusätzliche Betreuung wegen Demenzerkrankung zu, nämlich jährlich ein Betrag von 460 EUR, der nicht zur Auszahlung komme, weil das Pflegegeld der Berufsgenossenschaft mit 614,26 EUR monatlich diesen Betrag übersteige.

Auf die Mitteilung der Klägerin, es sei beabsichtigt, F in einem Pflegeheim unterzubringen, versicherte die Beklagte, bei vollstationärer Unterbringung in einem Pflegeheim könnten Kosten bis zu 1.023 EUR monatlich direkt mit dem Pflegeheim abgerechnet werden, falls die Beigeladene keine Leistungen übernehme. Am 3. Februar 2005 teilte sie ferner mit, ihr vorgelegte Rechnungen des Bayerischen Roten Kreuzes über niedrigschwellige Betreuung könnten zwar als Leistungen für besondere Betreuung Demenzerkrankter nach § 45 b SGB XI erstattet werden, jedoch ruhten solche Leistungen, wie im Bescheid vom 15. März 2004 bereits ausgeführt.

Am 4. Februar 2005 ließ F durch seinen Bevollmächtigten mitteilen, die Auffassung der Beklagten könne er nicht akzeptieren. Ein Ruhen der Leistungen gem. § 34 SGB XI trete ni...

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