Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer. Versorgungsabsicht. lebensbedrohliche Erkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet, überwiegend oder zumindest gleichwertig, aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde.

2. Das Vorliegen einer Liebesbeziehung allein reicht nicht aus, die Vermutung über das Vorliegen einer Versorgungsehe zu erschüttern, wenn die vorliegende schwere und akut lebensbedrohliche Erkrankung den Nachweis besonderer Gründe erforderlich macht.

 

Orientierungssatz

1. Zum Leitsatz 1 vgl BSG vom 5.5.2009 - B 13 R 55/08 R = BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6 sowie vom 6.5.2010 - B 13 R 134/08 R.

2. Zum Leitsatz 2 vgl LSG München vom 20.4.2011 - L 20 R 20/09.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.04.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine große Witwenrente hat.

Die 1971 geborene Klägerin ist die Witwe des 1960 geborenen und am 07.05.2016 verstorbenen Versicherten G. A.. Sie beantragte am 23.05.2016 beim Rentenservice der Deutschen Post eine Vorschusszahlung aus der dem verstorbenen Versicherten gewährten Rentenzahlung - Erwerbsminderungsrente -. Der Rentenservice gab diesen Antrag an die Beklagte weiter, da eine Vorschusszahlung nicht in Betracht komme, nachdem die Ehe nicht mindestens ein Jahr bestanden habe.

Am 23.06.2016 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes, des verstorbenen Versicherten. Sie gab an, dass die Ehe am 18.03.2016 geschlossen worden sei. In der Anlage R 0510 gab sie weiter an, der Versicherte sei plötzlich und unvermutet gestorben, und verneinte die übrigen Ausnahmegründe. In einem Begleitschreiben erläuterte die Klägerin, dass sie mit dem Versicherten seit Anfang 2011 in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt habe und bereits seit dem 28.11.2013 verlobt gewesen sei. Die Hochzeit sei schon im Juli 2014 geplant gewesen und aus privaten und finanziellen Gründen damals nicht zustande gekommen. Es sei dann entschlossen worden, im Sommer 2015 zu heiraten. Der verstorbene Versicherte habe sie Anfang Mai 2015 mit einem Spontanurlaub überraschen wollen, um dort zu heiraten. Es seien von ihm schon Vorbereitungen getroffen worden, als er durch einen Handbruch an dem Urlaub gehindert gewesen sei. Zudem befinde sie sich selbst in einer Beschäftigung, während der verstorbene Versicherte eine Privatinsolvenz hinter sich gehabt habe und seit Oktober 2013 Rentenbezieher gewesen sei.

Beigefügt war ein am 17.03.2016 geschlossener Ehevertrag mit gegenseitigem Erb- und Pflichtteilsverzicht. Die Klägerin führte hierzu aus, dass dieser Vertrag sicher nicht geschlossen worden wäre, wenn mit dem baldigen Tod ihres Mannes gerechnet worden wäre, da in dieser kurzen Zeit kein Zugewinn möglich gewesen wäre und nur Kosten für den Ehevertrag entstanden wären. Es sei der Klägerin und dem verstorbenen Versicherten wichtig gewesen, die Beziehung zu besiegeln und einen gemeinsamen Namen zu tragen. Eine große Hochzeitsfeier sei für den Sommer geplant gewesen. Ihr sei es auch wichtig gewesen, den Namen ihres früheren Ehemannes abzulegen. Außerdem habe sie als Ehefrau auch Auskunft im Krankenhaus bekommen, was Vieles erleichtert habe. Bei einem Routineeingriff am 23.03.2016 sei kurze Zeit später ein hoher Entzündungswert festgestellt worden und dies sei mit einer Organbelastung unter Bildung von Bauchwasser verbunden gewesen. Ihr Mann habe sich im April 2016 privat alternativ behandeln lassen, um seine Beschwerden zu lindern. Am 22.04.2016 seien dann in einer Klinik über 5 Liter Bauchwasser entfernt worden. Der neu gesetzte Stent hätte wiederum Probleme ausgelöst, die die Nieren in Mitleidenschaft gezogen hätten und eine Urämie nach sich gezogen hätten. Es sei nicht vorherzusehen gewesen, dass die bereits begonnene Urämie schon die Schleimhäute geschädigt hatte und eine innere Blutung ausgelöst hatte. Ihr Mann sei schließlich an einer Unterversorgung des Blutsauerstoffs als Folge des lapidaren Eingriffs des Setzens eines Gallenstents verstorben.

Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht der E. GmbH bei. Danach habe sich der Verstorbene Versicherte seit März 2016 dort regelmäßig in Behandlung befunden. Es habe ein Nierenversagen mit Urämien, Schleimhautnekrosen im Verdauungstrakt und Verblutung über dem Darm bei Pankreaskarzinom und Hepatitis vorgelegen. Nach einer Stentverlegung sei eine sehr starke Leberschwellung eingetreten, die zu einer Nierenschwellung und Nierenversagen geführt habe. An Therapien sei eine Bioresona...

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