rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Änderung. Unfallfolgen
Leitsatz (redaktionell)
Eine wesentliche, d. h. rechtserhebliche Änderung, liegt nur dann vor, wenn die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Ausgangsbescheid nicht oder nicht wie geschehen hätte erlassen dürfen, was bedeutet, dass die MdE sich um mehr als 5 v. H. mindern oder erhöhen muss.
Normenkette
SGB X § 48; SGB VII § 73 Abs. 3
Verfahrensgang
SG Bayreuth (Entscheidung vom 25.03.2002; Aktenzeichen S 11 U 297/98) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.03.2002 sowie die Bescheide vom 02.07.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.1998 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist eine wesentliche Änderung der Unfallfolgen streitig.
Die 1965 geborene Klägerin, die als Sachbearbeiterin bei der Fa. S. beschäftigt ist, reinigte am 09.04.1995 in der von ihrer Mutter betriebenen Gaststätte den Fußboden. Dabei glitt sie aus, stürzte und griff mit der linken Hand in einen Abfalleimer mit Glasscherben. Sie erlitt Schnittverletzungen am linken beugeseitigen Handgelenk mit kompletter Durchtrennung des Nervus (N.) medianus (Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr.S. vom 17.05.1995). Die Verletzungen wurde im Klinikum B. durch Primärnaht des Nerven versorgt (stationärer Aufenthalt: 09.04. bis 11.04.1995). Am 25.04.1995 erfolgte in der Klinik für Handchirurgie Bad N. eine operative Revision (intraneurale Neurolyse, Sekundärnaht des N. medianus, Karpaldachspaltung mit stationärem Aufenthalt vom 24.04. bis 29.04.1995). In derselben Klinik wurde am 18.07.1996 eine Neuromresektion des N. medianus und dessen Rekonstruktion durch Transplantation von vier Kabeln aus dem N. suralis links durchgeführt (stationärer Aufenthalt: 17.07. bis 22.07.1996). Wegen des Arbeitsunfalles war die Klägerin bis 01.02.1996 arbeitsunfähig krank.
Mit Schreiben vom 13.07.1995 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 09.04.1995 als Arbeitsunfall an und stellte mit Bescheid vom 17.06.1997 als Verletzungsfolgen fest: Operativ versorgte Schnittverletzung des linken beugeseitigen Handgelenkes mit Schädigung des N. medianus, Gefühlsausfall der durch den N. medianus versorgten Hautareale am linken Handgelenk und der linken Hand. Fehlende Schutzsensibilität an der linken Hand, inkomplette Lähmung der medianusversorgten Handmuskulatur links, Kraftminderung und erhebliche Störung der Feinmotorik der linken Hand, geringe Bewegungseinschränkung der linken Hand mit fehlender Opposition zwischen dem linken Daumen und Kleinfinger, Verminderung der Handspanne links, reizlose Narben am linken beugeseitigen Unterarm und Handgelenk, Pelzigkeit am linken Fußaußenrand nach Nerventransplantatentnahme am linken Unterschenkel.
Die Beklagte gewährte Verletztenrente als Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vH für die Zeit vom 02.02.1996 bis 06.10.1996 und für die Zeit danach um 20 vH. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Grundlage des Bescheides bildete das Gutachten des Chirurgen Dr.B. vom 10.04.1997 und der Untersuchungsbefund des Nervenarztes Dr.G. vom 04.03.1997. Dr.B. stellte im wesentlichen einen vollständigen Gefühlsausfall der durch den N. medianus versorgten Hautareale am linken Handgelenk und an der linken Hand sowie eine hochgradige Parese der medianusversorgten Handmuskulatur links mit dadurch bedingter erheblicher Kraftminderung der linken Hand und erheblicher Störung der Feinmotorik fest. Dr.G. betonte den Zustand nach Durchtrennung des N. medianus links und der Suralistransplantation, die am 18.07.1996 erfolgte. Bei der Medianusparese seien elektrophysiologisch Anhaltspunkte für eine in Gang gekommene Reinnervation erkennbar. Mit einer Besserung der Parese in den nächsten Monaten sei zu rechnen.
In dem von der Beklagten eingeholten Befundbericht des Dr.G. vom 02.09.1997 / 24.03.1998 sah dieser den Zustand nach Medianusdurchtrennung und Rekonstruktion klinisch als gutes Ergebnis an. Die Parese sei abgeklungen. Die noch vorhandenen Gefühlsstörungen seien jetzt mit einer MdE von unter 10 vH einzustufen. In seiner ärztlichen Stellungnahme vom 08.05.1998 teilte Dr.B. der Beklagten den Eintritt einer wesentlichen Besserung der Verletzungsfolgen mit. Aufgrund der Besserung der motorischen Medianuslatenz mit Fehlen von motorischen Paresen sei eine MdE von 10 vH festzusetzen.
Mit Schreiben vom 19.05.1998 wies die Beklagte die Klägerin auf einen beabsichtigten Rentenentzug hin. Die Beklagte holte ein nervenärztliches Gutachten des Dr.G. und ein chirurgisches Gutachten des Dr.B. ein (Gutachten vom 25.05.1998 bzw. 05.06.1998). Dr.G. sah nach Durchtrennung des N. medianus und erfolgter Rekonstruktion keine motorischen Ausfälle mehr. Nur noch Sensibilitätsstörungen im Medianusgebiet links und im Suralisgebiet links seien erkennbar. Diese Störungen...