Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung. Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Rentenbeziehers. Kontoauflösung. Kenntnis des Rentenversicherungsträgers vom Tod des Rentenbeziehers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs des Rentenversicherungsträgers auf Rücküberweisung nach § 118 Abs 3 S 2 SGB VI.

2. Auf den anspruchsvernichtenden Auszahlungseinwand zwischenzeitlicher anderweitiger Verfügungen nach § 118 Abs 3 S 3 SGB VI kann sich das zur Rücküberweisung verpflichtete Geldinstitut nicht berufen, wenn es bei Ausführung der in Betracht kommenden Verfügungen bereits Kenntnis vom Tod des rentenberechtigten Kontoinhabers hatte.

3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto im Zeitpunkt des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers noch nicht aufgelöst war.

 

Orientierungssatz

1. Zum Leitsatz 2: Anschluss an BSG vom 24.2.2016 - B 13 R 22/15 R = BSGE 121, 18 = SozR 4-2600 § 118 Nr 14, vom 17.8.2017 - B 5 R 26/14 R sowie vom 14.12.2016 - B 13 R 20/16 S.

2. Die Wertung des § 814 BGB ist durch den in § 118 Abs 3 S 1 SGB 6 zu Gunsten des Rentenversicherungsträgers geregelten Vorbehalt ausgeschlossen. Für den Rücküberweisungsanspruch ist es unerheblich, ob der Rentenversicherungsträger die Überzahlung in Kenntnis des Todes des Versicherten vorgenommen hat (vgl BSG vom 13.11.2008 - B 13 R 48/07 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 9).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Juli 2013 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.311 Euro zu zahlen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rücküberweisung von Rentenleistungen in Höhe von Euro 1.311,00 streitig, welche von der Klägerin für Zeiten nach dem Tod des Versicherten G. B. auf das von der Beklagten geführte Konto überwiesen worden waren.

Der Versicherte, welcher von der Klägerin Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. zuletzt Euro 206,28 monatlich bezog, verstarb am 2009. Die monatlichen Zahlungen wurden vom Rentendienst noch bis einschließlich September 2010 auf das von der Beklagten geführte Konto des Versicherten überwiesen. Es entstand eine Überzahlung von insgesamt Euro 2.475,36. Im Zeitpunkt des Todes des Versicherten wies das Konto einen negativen Saldo in Höhe von Euro 7.751,99 auf. Die Beklagte erlangte am 28.09.2009 Kenntnis vom Ableben des Versicherten. Die erste Rentenüberzahlung (für Oktober 2009) wurde am 30.09.2009 auf dem Konto des verstorbenen Versicherten verbucht.

Am 22.09.2010 ging das Rückforderungsverlangen des Rentendienstes der Klägerin bei der Beklagten ein. Diese überwies das zu diesem Zeitpunkt auf dem Konto befindliche Guthaben in Höhe von Euro 1.164,36 an die Klägerin. Das Konto wurde am 04.10.2010 aufgelöst. Da die Beklagte zunächst - unzutreffend - mitgeteilt hatte, Kenntnis vom Ableben des Versicherten erst am 22.09.2010 erlangt zu haben, nahm die Klägerin bezüglich des Restbetrages von Euro 1.311,00 den kontobevollmächtigten Sohn des Verstorbenen in Anspruch. Nachdem dieser mitgeteilt hatte, die Beklagte bereits am 28.09.2009 über das Ableben seines Vaters informiert zu haben, forderte die Klägerin nunmehr die Beklagte mit Schreiben vom 14.02., 02.03. und 31.03.2011 erfolglos zur Rücküberweisung des noch offenen Betrags auf.

Am 01.07.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von Euro 1.311,00 zu verurteilen. Diese sei nach der Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI zur Rücküberweisung der nach dem Tode des Versicherten erfolgten und unter gesetzlichem Vorbehalt stehenden Rentenüberzahlungen verpflichtet. Auf anderweitige Verfügungen im Sinne von § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI könne sich die Beklagte nicht berufen, da nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) insoweit nicht auf den Zeitpunkt des Rückforderungsverlangens sondern auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Beklagten vom Tode des Versicherten abzustellen sei. Diese Rechtsauffassung werde auch durch verschiedenste Urteile nachgeordneter Instanzen bestätigt. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall Kenntnis vom Tode des Versicherten am 28.09.2009 erlangt.

Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass ausschließlich auf den Eingang des Rückforderungsersuchens der Beklagten am 22.09.2010 abzustellen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die zu Unrecht überwiesenen Rentenzahlungen ihrer Höhe nach bereits mehrfach durch anderweitige Verfügungen aufgezehrt worden, die Beklagte habe den im Zeitpunkt des Rückforderungsverlangens noch bestehenden Habensaldo in Höhe von Euro 1.164,36 an die Klägerin ausgekehrt und sei damit allen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen. Die anderweitige Auffassung stehe in Widerspruch zum eindeutigen Gesetzeswortlaut; ein weiter...

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