Leitsatz (amtlich)

1. Zur Höhe des GdB bei einem Schlafapnoe-Syndrom

2. Von einer Nichtdurchführbarkeit der nasalen Überdruckbeatmung kann erst ausgegangen werden, wenn anatomische Besonderheiten einer nasalen Überdruckbeatmung entgegen stehen oder wenn durch das Scheitern entsprechender Therapieversuche der Nachweis der Nichtdurchführbarkeit der nasalen Überdruckbeatmung erbracht ist. Dazu gehört, dass der Betroffene verschiedene Masken ausgetestet und ein Gewöhnungstraining erfolglos durchlaufen hat. Es reicht nicht, wenn die Beatmungsmaske wegen subjektiver Beschwerden nicht mehr benutzt wird.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 7. September 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger ein höherer Grad der Behinderung (GdB) als 40 nach § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zusteht.

Der 1952 geborene Kläger beantragte erstmals am 19.05.2009 die Feststellung des GdB. Mit Bescheid vom 04.08.2009 wurde ein GdB von 30 festgestellt.

Am 03.12.2009 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag; seine Gesundheit habe sich verschlechtert; neue Krankheiten seien aufgetreten.

Nach Auswertung diverser ärztlicher Unterlagen durch den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten stellte der Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2010 einen GdB von 40 fest. Dem lagen folgende Gesundheitsstörungen zugrunde:

1. Schlafapnoe-Syndrom, chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, Nasenscheidewandverkrümmung - Einzel-GdB 20

2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen - Einzel-GdB 20

3. Funktionsstörung durch Fußfehlform beidseits, postthrombotisches Syndrom links, Funktionsbehinderung des Kniegelenks links, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Einzel-GdB 20.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Der Bescheid sei nichtig, nicht rechtswirksam und rechtswidrig. Er habe gravierende Formfehler; es seien Gesundheitsstörungen unterschlagen worden. Die Unterschlagung sei eine bewusste Handlung. Nach objektiver Sachlage sei ein GdB von mindestens 50 angesagt. Die Feststellung der Schwerbehinderung solle mit allen Mittel verhindert werden. Es sei unter anderem die Schwergradigkeit des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms verleugnet worden. Mit Schreiben vom 28.07.2010 listete der Kläger sämtliche Erkrankungen auf und legte diverse ärztliche Unterlagen vor. Darin wurde unter anderem berichtet, dass beim Kläger im November 2009 wegen des Schlafapnoe-Syndroms eine nasale CPAP-Beatmungstherapie eingeleitet worden sei, unter der die schlafbezogenen Atemstörungen fast vollständig unterdrückt worden seien, die Beatmung sich aber schwierig gestalte, da der Kläger an erheblichen Einschlafstörungen leide.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Am 04.10.2010 haben die Bevollmächtigten des Klägers Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Nach Einholung von Befundberichten bei den behandelnden Ärzten hat der Facharzt für Arbeitsmedizin und Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Betriebsmedizin Dr. S. den Kläger am 24.02.2011 begutachtet. Bei der Begutachtung - so der Sachverständige - habe der Kläger Beschwerden am linken Bein infolge einer Thrombose, Atemnot, verstärkt bei körperlicher Belastung, Beschwerden am Bewegungsapparat und Becken, permanentes Nasenbluten sowie das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom angegeben. Die nächtliche Überdruckbeatmung mit dem CPAP-Gerät sei - so der Kläger - wegen Schlaflosigkeit abgebrochen worden. Seit einem halben Jahr benutze er das Gerät nicht mehr.

Zu den Gesundheitsstörungen des Klägers hat der Sachverständige Folgendes ausgeführt:

Aus dem Schlafapnoe-Syndrom, der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung und der Nasenscheidewandverkrümmung resultiere ein Einzel-GdB von 20. Das Schlafapnoe-Syndrom erfordere eine kontinuierliche nasale Überdruckbeatmung. Diese Therapie habe sehr gut angesprochen. Von einer Undurchführbarkeit einer nasalen Überdruckbeatmung könne nicht ausgegangen werden. Die statischen und dynamischen Lungenvolumina würden noch im unteren Normbereich liegen. Aus der Verengung der Nasengänge ergebe sich keine zusätzliche Erhöhung.

Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule durch degenerative Veränderungen sei mit einem Einzel-GdB von 10 bis 20 zu beurteilen; ein GdB von 20 sei vertretbar. Radiologisch seien noch leichte degenerative Veränderungen nachweisbar. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule sei nur gering eingeschränkt.

Das postthrombotische Syndrom links mit Ödembildung könne angesichts von Vorgeschichte und anamnestischen Angaben mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet werden. Der Kläger habe von anhaltenden Schwellungen im linken Fuß berichtet, obwohl bei der gutachterlichen Untersuchung keine Umfangsvermehrung feststellbar gewesen sei.

Die Funktionsstörung durch Fußfehlform, Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks und Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke sei bei Fehlen...

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