Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Anrechnung von Kinderberücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. mehr als geringfügige selbstständige Tätigkeit. Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. gleichwertige Berücksichtigung der Kinderberücksichtigungszeiten
Orientierungssatz
1. Pflichtbeiträge zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind keine Pflichtbeiträge im Sinne des § 57 S 2 SGB 6.
2. Zum Anrechnungsausschluss von Kinderberücksichtigungszeiten bei Ausübung einer mehr als geringfügigen selbstständigen Tätigkeit für Zeiträume, in denen keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden und gleichzeitig eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand, das keine mit den Kinderberücksichtigungszeiten vergleichbare Sozialregelung vorsieht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.08.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung weiterer Kinderberücksichtigungszeiten streitig.
Die 1962 geborene Klägerin ist die Mutter der Kinder L. (geb. 1996), S. und A. (beide geb. 2000). Sie hat am 22.09.2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gestellt und hierbei angegeben, die Kinder seit der Geburt durchgehend erzogen zu haben. Seit 02.10.1989 arbeite sie in Vollzeit als Rechtsanwältin und sei bei der Bayer. Rechtsanwaltsversorgungskammer versichert.
Mit Bescheid vom 18.01.2007 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurücklagen - also die Zeiten bis 31.12.2000 - verbindlich fest. Weiter wurde im Bescheid ausgeführt, dass geprüft worden sei, ob Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind L. geb. 1996 vorzumerken seien. Die Zeit vom 01.12.1996 bis 30.11.1999 sowie vom 01.11.2000 bis 31.10.2003 werde als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt. Die Zeit vom 26.11.1996 bis 30.11.1996, vom 01.12.1999 bis 31.10.2000 und vom 01.11.2003 bis 25.11.2006 könne nicht als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt werden, weil in dieser Zeit eine mehr als geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden sei, ohne dass gleichzeitig Pflichtbeiträge vorhanden seien.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.01.2007 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Nichtberücksichtigung dieser Zeiten sie gegenüber Frauen, welche in diesem Zeitraum überhaupt nicht gearbeitet hätten, außerordentlich benachteiligen würde. Die Beklagte half mit Bescheid vom 05.03.2007 hinsichtlich der Zeit vom 01.11.2003 bis 31.10.2006 ab, da für diese Zeit im Versicherungsverlauf - wegen der Kindererziehungszeit für die beiden anderen Kinder - auch Pflichtbeitragszeiten vorgelegen hätten. Die übrigen geltend gemachten Zeiten könnten jedoch weiterhin nicht als Kinderberücksichtigungszeit vorgemerkt werden. Der Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2007 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch den Ergänzungsbescheid abgeholfen worden war. Die Beklagte habe die gesetzlichen Vorschriften zutreffend umgesetzt und sei bei der Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben an die bestehenden Gesetze gebunden.
Am 25.05.2007 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben und vorgetragen, dass die rechtliche Regelung in § 57 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), auf welche sich die Entscheidung der Beklagten stütze, verfassungswidrig sei. Die dort enthaltene Forderung, dass während einer mehr als geringfügig ausgeübten selbstständigen Tätigkeit die Anrechnung von Berücksichtigungszeiten nach § 57 Satz 2 SGB VI nur dann zulässig sei, wenn gleichzeitig Pflichtbeitragszeiten vorliegen würden, verletze den Gleichheitsgrundsatz. Durch die Zuerkennung von Berücksichtigungszeiten sollte die Benachteiligung eines Elternteils vermieden werden, das infolge der Erziehung eines Kindes beruflich eingeschränkt sei und damit finanzielle Nachteile in der Altersversorgung erleiden würde. Der Gesetzgeber habe durch die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten grundsätzlich zu erkennen gegeben, dass die Erziehungsarbeit auch entgeltlich in der Altersversorgung zu berücksichtigen sei. Die Klägerin habe doppelte Arbeit geleistet, nämlich zum einen freiberuflich als Rechtsanwältin und zum anderen in der Übernahme der Erziehung der Kinder, ohne hierfür die adäquate doppelte Anrechnung zu erhalten. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, dass für sie, wenn sie keinerlei Arbeitstätigkeit nachgegangen wäre, die Voraussetzungen der Anrechnung einer Kindererziehungs...