Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für langjährig Versicherte. Rentenberechnung. beitragsgeminderte Zeit. Begriff der beruflichen Ausbildung. Weiterbildungsmaßnahme
Leitsatz (amtlich)
Von dem Begriff der beruflichen Ausbildung in § 54 Abs 3 S 2 SGB 6 werden Maßnahmen der Weiterbildung (Fortbildungen und Umschulungen) nicht umfasst.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen Ziffer I. des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger in Abänderung der Ziffer II. des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2008 4/5 der außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung des Zeitraums 3. Mai 1999 bis 2. Mai 2000 als vollwertige Beitragszeit anstelle einer beitragsgeminderten Zeit in der Altersrente für langjährig Versicherte des Klägers.
Der 1944 geborene Kläger hatte vom 2. April 1962 bis 28. April 1965 den Beruf des Rohrinstallateurs erlernt und mit dem Facharbeiterbrief abgeschlossen. Vom 1. Oktober 1965 bis 18. Juli 1970 absolvierte er eine Fachschulausbildung.
Ab 12. Dezember 1998 war der Kläger arbeitslos. Im Zeitraum 3. Mai 1999 bis 2. Mai 2000 nahm der Kläger an einem von der Arbeitsverwaltung geförderten Praxisseminar "Technischer Projektberater für berufserfahrene Fach- und Führungskräfte" der bfz (Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft) in Vollzeit teil. Während dieses Zeitraums bezog der Kläger Unterhaltsgeld vom Arbeitsamt B-Stadt, das Rentenversicherungsbeiträge für ihn abführte.
Mit Antrag vom 6. November 2006 begehrte der Kläger Altersrente für langjährig Versicherte. Mit angefochtenem Bescheid vom 9. Mai 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger die beantragte Rente ab 1. Juli 2007. Hierbei berücksichtigte sie die Zeiträume 2. April 1962 bis 28. April 1965 und 1. Mai 1999 bis 31. Mai 2000 als Pflichtbeitragszeit, berufliche Ausbildung, beitragsgeminderte Zeit. Insgesamt ergaben sich 44,8995 persönliche Entgeltpunkte (EP).
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Zeitraums 1. Mai 1999 bis 31. Mai 2000 als beitragsgeminderte Zeiten. Hierbei handele es sich nicht um Ausbildungs- sondern um Fortbildungszeiten. Darüber hinaus bemängelte er die Berücksichtigung von Krankheits- und Arbeitslosigkeitszeiten als beitragsgeminderte Zeiten.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2008 zurückgewiesen. Bei dem ganztägigen von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Fortbildungskurs habe es sich um eine Fachschulausbildung gehandelt. Dem Kläger sei theoretischer Unterricht in schulischer Form erteilt worden. Die Ausbildung habe mindestens einen Halbjahreskurs mit Ganztagsunterricht umfasst. Die Ausbildung sei daher neben der Beitragszeit wegen beruflicher Ausbildung auch als Zeit der Fachschulausbildung zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung sei jedoch ohne Auswirkung, da die maximale Höchstgrenze der Bewertung nach § 74 SGB VI bereits ausgeschöpft sei.
Mit der hiergegen erhobenen Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) bemängelte der Kläger zunächst erneut, dass die Weiterbildungszeit sowie die Krankheitszeiten und Zeiten der Rehabilitation zu Unrecht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt worden seien. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2008 begehrte er nur noch die Anerkennung des Zeitraums 3. Mai 1999 bis 2. Mai 2000 als vollwertige Beitragszeit. In diesem Zeitraum habe er keine Erstausbildung im Sinne des § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI absolviert. Das Arbeitsamt habe während dieser Zeit Unterhaltsgeld gezahlt, dessen Höhe sich nach dem zuvor erzielten Entgelt richtete. Es sei also keine während der Ausbildung geminderte Vergütung gezahlt worden. Eine beitragsgeminderte Zeit während der Ausbildung liege daher nicht vor. Das Klagebegehren bezüglich der Bewertung der Beitragszeiten während des Krankengeld- bzw. Übergangsgeldbezugs wurde für erledigt erklärt.
Mit Urteil vom 12. August 2008 verpflichtete das SG die Beklagte, unter Abänderung des Bescheides vom 9. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2008 die Zeit vom 3. Mai 1999 bis 2. Mai 2000 nicht als beitragsgeminderte Zeit, sondern als vollwertige Beitragszeit anzuerkennen und dies bei der Berechnung der Altersrente des Klägers entsprechend zu berücksichtigen (Ziffer I.). Der Beklagten wurden die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt (Ziffer II.). § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI sei eng auszulegen, um nicht die Ziele des Gesetzgebers zu konterkarieren. Mit dieser Bestimmung solle verhindert werden, dass Zeiten einer beruflichen Ausbildung, in denen regelmäßig ein geringes Entgelt gezahlt werde, zu einer drastischen Minderung der Rentenhöhe führe. Auch sei als Ausbildung im Sinne des § 54 Abs. 3 S. 2 SGB VI nur die erste zu einem Abschluss führende Bildungsmaßnahme zu werten. Selbst wenn man dem nicht folgen sollte, seien als beitragsgeminderte Zeiten nur solche Zeiten einer...