nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 30.04.2002; Aktenzeichen S 10 AL 268/00) |
Nachgehend
BSG (Aktenzeichen B 7 AL 106/04 B) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.04.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit von sechs Wochen wegen des Ausschlusses aus einer beruflichen Bildungsmaßnahme.
Der 1968 geborene Kläger, der bei der Beklagten im Leistungsbezug stand, beantragte am 15.07.1999 die Förderung der Fortbildung zur Buchhaltungsfachkraft mit Telebanking durch die Beklagte. Die Maßnahme sollte durch das Bildungs- und Schulungs-Institut S. (BSI) als Maßnahmeträger durchgeführt werden und vom 19.07.1999 bis 25.02.2000 dauern. Mit Bescheid vom 04.08.1999 bewilligte die Beklagte ab 19.07.1999 Unterhaltsgeld (Uhg) sowie mit Bescheid vom 29.07.1999 die Übernahme der Lehrgangsgebühren und Fahrtkosten.
Am 22.12.1999 wurde der Kläger durch den Maßnahmeträger mit sofortiger Wirkung von der Maßnahme ausgeschlossen, weil er in den Unterrichtsräumen eine Mitschülerin während der Mittagspause zweimal geschlagen habe. In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts Würzburg (SG) vom 30.04.2002 schilderte der Kläger den Vorfall wie folgt: Er sei, nachdem die Kursteilnehmerin an den Tisch, hinter dem er auf zwei Stühlen gelegen habe, gestoßen sei, aufgesprungen und habe der Teilnehmerin mit der flachen Hand einen leichten Schlag auf den Hinterkopf gegeben. Anschließend habe sich diese umgedreht und ihn mit der Hand auf die Schulter geschlagen. Daraufhin habe er nochmals mit der flachen Hand auf den Hinterkopf der Teilnehmerin geschlagen. Er halte seine Schläge unter dem Gesichtspunkt der Notwehr für gerechtfertigt. Durch den Stoß der Kursteilnehmerin an den Tisch sei er an seiner Nase getroffen worden, so dass diese geschmerzt habe.
Am 23.12.1999 beantragte der Kläger die Fortzahlung des Arbeitlosengeldes (Alg). Mit Bescheid vom 09.02.2000 stellte die Beklagte für die Zeit vom 23.12.1999 bis 02.02.2000 den Eintritt einer Sperrzeit fest. Der Kläger habe durch ein maßnahmewidriges Verhalten (Handgreiflichkeit) ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes Anlass zum Ausschluss aus der Maßnahme gegeben. Auf Grund der Minderung der Anspruchsdauer bestehe kein Restanspruch mehr, so dass auch nach Ablauf der Sperrzeit Alg nicht gezahlt werden könne.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 08.05.2000 zurück. Nach der Rechtsprechung berechtige ein tätlicher Angriff einen Arbeitgeber ohne vorherig Abmahnung zur Kündigung. Dies müsse auch für den Maßnahmeträger gelten.
Am 26.05.2000 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 09.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2000 aufzuheben. Der Vorfall habe sich nicht während des Unterrichts, sondern in der Mittagspause zugetragen, so dass der Ausschluss zu Unrecht erfolgt sei. Auswirkungen auf das Alg dürften sich daraus nicht ergeben.
Mit Urteil vom 30.04.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Wegen seines maßnahmewidrigen Verhaltens, das ihm subjektiv vorzuwerfen sei, habe der Kläger ausgeschlossen werden können. Wenigstens der zweite Schlag sei als vorsätzliche Körperverletzung zu bewerten. Über die Rechtsfolgen seines maßnahmewidrigen Verhaltens sei der Kläger durch das Merkblatt der Beklagten "Berufliche Fortbildung und Umschulung" belehrt worden.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen: Für sein Verhalten habe er einen wichtigen Grund gehabt, denn er habe zunächst im Affekt und dann in Notwehr gehandelt. Zur mündlichen Verhandlung sei ein Amtsarzt, der seinen Gesundheitszustand feststellen solle, hinzuzuziehen. Das SG sei diesem schon damals begehrten Verlangen nicht nachgekommen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.04.2002 sowie den Bescheid vom 09.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Merkblatt für Arbeitslose sei der Kläger über die Folgen eines Maßnahmeausschlusses (Sperrzeit) belehrt worden. Die Teilnahmebedingungen des Maßnahmeträgers, in denen auf die Möglichkeit des Maßnahmeausschlusses hingewiesen werde, habe der Kläger unterschrieben. Für sein Verhalten habe er keinen wichtigen Grund gehabt. Erstmals in der Stellungnahme des Maßnahmeträgers vom 12.01.2000 werde auf große private Probleme des Klägers hingewiesen, die es möglicherweise sinnvoll erscheinen ließen, den zuständigen Amtsarzt zu Rate zu ziehen. Darauf komme es vorliegend jedoch nicht an, da diese Stellungnahme erst nach dem Abbruch der Maßnahme abgegeben worden sei. Für eine ärztliche Untersuchung im Nachhinein habe kein Anlass bestanden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten ...