Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Lebensversicherung
Orientierungssatz
1. Art 3 Abs 1 GG erfordert keine Gleichbehandlung der Lebensversicherung mit der gem § 12 Abs 2 Nr 2 SGB 2 geschützten Riesterrente.
2. Auch wenn die Lebensversicherung einen Berufsunfähigkeitsschutz mitversichert, der durch die Verwertung der Lebensversicherung verloren geht, begründet dies keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB 2.
3. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 1 SGB 2 liegt nur dann vor, wenn der durch eine Verwertung des Vermögens erlangte bzw zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Insoweit ist lediglich die Verschleuderung von Vermögenswerten unzumutbar, wobei gewisse Verluste hinzunehmen sind.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.
Mit Bescheid vom 27.04.2005 lehnte die Beklagte den am 16.12.2004 gestellten Antrag des 1951 geborenen Klägers auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, dieser sei nicht hilfebedürftig, weil er über eine Lebensversicherung bei der A Lebensversicherungs AG mit einem Rückkaufswert von 23.041,00 EUR (im Mai 2004) verfüge (der Rückkaufswert der Lebensversicherung betrug im August 2005 26.043,40 EUR bei einer Einzahlung von 24.497,66 EUR). Das zu berücksichtigende Vermögen übersteige daher die Grundfreibeträge in Höhe von 11.350,00 EUR. Eine vorzeitige Kündigung der Lebensversicherung und damit deren Verwertung sei möglich.
Mit seinem Widerspruch vom 04.05.2004 machte der Kläger geltend, der Freibetrag liege nicht bei 11.350,00 EUR, sondern bei 27.560,00 EUR. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Arbeitslosenhilfe betrage der Freibetrag 520,00 EUR je Lebensjahr und nicht nur 200,00 EUR, was auch im SGB II Geltung haben müsse. Im Übrigen habe er 10.000,00 EUR Schulden bei seiner Mutter. Damit sei das Vermögen aufgebraucht. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit seiner am 20.10.2005 zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er verfüge über keinerlei eigene Einkünfte, sein Geldvermögen sei aufgebraucht. Er verfüge lediglich über eine Lebensversicherung, deren Rückkaufswert aktuell 26.043,40 EUR betrage. In einem Verfahren vor dem SG (S 12 AL 236/04), in dem es um die Zahlung von Arbeitslosenhilfe gegangen sei, sei entschieden worden, dass es ihm nicht zumutbar sei, seine Lebensversicherung zu kündigen und diese zur Sicherung seines Unterhalts einzusetzen. Bei dem zu erwartenden geringen Rentenanspruch wäre er bei einer Verwertung der Lebensversicherung auf weitere Leistungen der Sozialhilfe bzw. der Beklagten angewiesen. Mit den Leistungen aus der Lebensversicherung könne eine weitere Inanspruchnahme der Sozialhilfebehörden vermieden werden.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.03.2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne seinen Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern. Nach § 12 Abs. 1 SGB II seien als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Verwertbar sei das Vermögen, dessen Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet oder unmittelbar für die Bedarfsdeckung eingesetzt werden könnten. Für einen Einsatz komme aber nur dasjenige Vermögen in Betracht, durch dessen Verwertung der Notlage oder dem Bedarf abgeholfen werden könne und das dafür rechtzeitig zur Verfügung stehe. Vom Vermögen seien nur die in § 12 Abs. 2 SGB II abschießend aufgezählten Tatbestände abzusetzen. Der Kläger verfüge mit seiner Lebensversicherung über ein Vermögen, das die Hilfebedürftigkeit ausschließe. Eine Verwertung dieser Lebensversicherung sei nicht ausgeschlossen, insbesondere liege mit dieser kein sonstiges Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II vor, da die Versicherung vor Eintritt in den Ruhestand verwertet werden könne.
Das verwertbare Vermögen des Klägers könne auch nicht als Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II unberücksichtigt bleiben. Diese Vorschrift schütze mit ihrem Auffangtatbestand Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich sei oder eine besondere Härte bedeute. Wann eine besondere Härte vorliege, sei im Gesetz nicht geregelt, könne aber sowohl aus den besonderen Lebensumständen des Vermögensinhabers resultieren. Offensichtlich unwirtschaftlich sei eine Verwertung des Vermögens aber nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes stehe oder stehen würde. Gewisse Verlu...