Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Beitragserstattung. Auflösung des Versicherungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Eine wirksam durchgeführte Beitragserstattung führt zur Auflösung des Versicherungsverhältnisses und schließt Ansprüche auf eine Versichertenrente aus.
2. Der Beweis des ersten Anscheins gilt auch für die Wirksamkeit von Beitragserstattungen nach dem Rentenversicherungsrecht.
Orientierungssatz
Zum Beweis des ersten Anscheins vgl BSG vom 14.03.1975 - 1 RA 173/74 = SozR 2200 § 1309a Nr 1, LSG München vom 22.4.2010 - L 14 R 876/09 und LSG München vom 9.12.2009 - L 19 R 167/08.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 22.07.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Regelaltersrente, hilfsweise auf Erstattung seiner zur deutschen Sozialversicherung geleisteten Beiträge.
Der 1937 geborene Kläger ist portugiesischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Portugal. Er war vom 02.05.1972 bis 30.06.1974 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und kehrte anschließend nach Portugal zurück. Am 05.08.1976 beantragte der Kläger bei der zuständigen Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen die Beitragserstattung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 29.09.1976, zur Post gegeben am gleichen Tag, gab die LVA dem Antrag statt und teilte mit, der Betrag von 4.333,30 DM werde zur Zahlung angewiesen. Auf der Rückseite befand sich der Hinweis, wenn eine Bank den Erstattungsbetrag auszahle, so könne nur der angegebene Zahlungsempfänger das Geld gegen Vorlage seines Personalausweises und der von der Bank erhaltenen Benachrichtigung abholen.
Am 30.07.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente.
Mit Bescheid vom 17.09.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung seien auf Antrag des Klägers vom 05.08.1976 mit Bescheid vom 29.09.1976 erstattet worden, aus den rentenrechtlichen Zeiten, die bis zur Beitragserstattung zurückgelegt worden seien, könnten somit keine Ansprüche mehr entstehen. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und gab an, er habe die Beitragserstattung nicht erhalten. Nach Anforderung durch die Beklagte übersandte die LVA Westfalen die noch vorhandenen Erstattungsunterlagen. Sie übersandte Kopien des von dem Kläger unterzeichneten Erstattungsantrags vom 05.08.1976, einen Berechnungsbogen vom 13.09.1976 über einen Erstattungsbetrag in Höhe von 4.333,25 DM, des Erstattungsbescheides vom 29.09.1976 mit Anlage, eines von der LVA Westfalen an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 29.09.1976 bezüglich der erfolgten Beitragserstattung sowie Kopien der Versicherungskarte Nr. 1 (02.05. - 31.12.1972) und der DEVO/DÜVO-Bescheinigungen für die Zeiträume vom 01.01. bis 31.12.1973 und vom 01.01. bis 30.06.1974, jeweils mit einem Erstattungsvermerk versehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund der gewährten Beitragserstattung seien keine Versicherungszeiten anrechenbar und daher die Voraussetzungen für die Regelaltersrente nicht erfüllt.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG), eingegangen bei der Beklagten am 08.09.2004 und weitergeleitet an das SG Würzburg am 14.10.2004 erhoben.
Zunächst hat er angegeben, er sei 1974 aus Deutschland nach Portugal zurückgekehrt und habe danach keinerlei Kontakt mit der deutschen Kasse gehabt. Später hat er vorgetragen, er habe den Antrag gestellt, das Geld sei jedoch bei ihm nie angekommen. Da er das deutsche Recht und die deutschen Gesetze nicht kenne, habe er sich nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert. Erst als er 65 Jahre alt geworden sei und bei der portugiesischen Sozialversicherung die Rente beantragt habe, sei er gefragt worden, ob er im Ausland gearbeitet habe. Bei Bejahung sei er gefragt worden, welchen Betrag er für die abgeführten Beiträge erhalten habe. Dadurch habe er erfahren, dass ihm ein Geldbetrag zustehe, den er niemals erhalten habe. Es gebe keine Quittung, die beweise, dass er tatsächlich das Geld erhalten habe.
Im Rahmen weiterer Ermittlungen hat das SG die LVA Westfalen um Übersendung weiterer Unterlagen gebeten. Diese hat zugesandt die Kopie eines - über die Westdeutsche Landesbank Girozentrale - an die Banco Portugues do Atlantico, Porto, gerichteten Zahlungsauftrags vom 19.10.1976 dahingehend, einen Betrag von 4.325,80 DM (= 4.333,30 DM - 6,50 DM Gebühren und 1,00 DM Spesen) an den Kläger auszuzahlen. Die Banco Commercial Portugues, SA, die mittlerweile mit der Banco Portugues do Atlantico fusioniert hat, hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, sie bewahre keine Aufzeichnungen über Transaktionen auf, die vor mehr als 10 Jahren durchgeführt worden seien. Somit sei es nicht möglich, Unterlagen zu übersenden, die die Auszahlung des Betrags von 4.32...