Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. anderweitige Sozialleistung. vorgezogene Altersrente. Ruhen. Beginn bzw Zeitpunkt

 

Orientierungssatz

Die Vorschrift des § 128 Abs 1 S 2 Alt 2 AFG kann nicht so ausgelegt werden, dass die Erstattungspflicht des Arbeitgebers bereits dann entfällt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Sozialleistung erfüllt sind, ohne dass es auf einen tatsächlichen Zahlungsanspruch ankäme. Nach § 118 Abs 1 Nr 4 AFG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die Altersrente zuerkannt wurde. Zuerkannt ist die Leistung - hier die vorgezogene Altersrente - wiederum nur, wenn der Berechtigte infolge der Bewilligung Leistungen tatsächlich bezieht oder der Leistungsträger Zahlungen zu erbringen hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.07.2007; Aktenzeichen B 11a AL 23/06 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. November 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 564,85 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung des Arbeitslosengeldes (Alg) und der Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 24. bis 29.01.1999 streitig.

Bei der Klägerin bzw. der Vorgängerfirma D. AG war vom 05.04.1961 bis 31.01.1997 der 1939 geborene Arbeitnehmer H. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch einen am 23.05.1995 geschlossenen Auflösungsvertrag. Die Beklagte bewilligte dem Arbeitnehmer vom 01.02.1997 bis 31.01.1999 Alg. Ab 01.02.1999 bezog dieser Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres.

Mit Bescheid vom 26.09.2001 forderte die Beklagte die Erstattung des Alg einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge, die für die Zeit vom 01.02.1997 bis 31.12.1997 erbracht worden waren (30.278,96 EUR). Mit weiterem Bescheid vom 26.09.2001 forderte sie hinsichtlich des Erstattungszeitraumes 01.01.1998 bis 29.01.1999 36.718,96 EUR.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, soweit Erstattung auch für den Zeitraum 24. bis 29.01.1999 gefordert wurde. Der Arbeitnehmer habe am 23.01.1999 das 60. Lebensjahr vollendet, ab diesem Zeitpunkt bestehe keine Erstattungspflicht des Arbeitgebers, da der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs.1 Nrn.2 bis 4 SGB III genannten Leistungen erfüllt habe. Hierfür genüge das objektive Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer sozial gerechtfertigten Kündigung nach § 128 Abs.1 Satz 2 Nr.4 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) seien nicht erfüllt gewesen, da der Aufhebungsvertrag nicht in eine Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkündigung umgedeutet werden könne. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 128 Abs.1 Satz 2 Nr.5 AFG lägen nicht vor. Für das Geschäftsjahr 1997 habe auch keine unzumutbare Belastung im Sinne des § 128 Abs.2 Nr.2 AFG festgestellt werden können. Die Erstattungspflicht erstrecke sich bis einschließlich 29.01.1999, da § 128 Abs.1 Satz 2 AFG auf die Regelung des § 118 Abs.1 Satz 1 Nrn.2 bis 4 AFG Bezug nehme und ein Ruhen des Anspruches auf Alg erst ab dem tatsächlichen Beginn der Altersrente eintrete.

Zur Begründung ihrer zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage wiederholt die Klägerin ihre Auffassung, eine Erstattungspflicht entstehe nicht, wenn der Arbeitslose eine anderweitige Sozialleistung hätte in Anspruch nehmen können. Es komme nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer diese andere Sozialleistung bezogen oder beantragt habe.

Mit Urteil vom 10.11.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Unstreitig sei nach dem Rentenbescheid vom 02.12.1998 der Beginn der Altersrente der 01.02.1999. Erst mit diesem Tag habe auch die laufende Zahlung begonnen. Unmaßgeblich sei, dass in dem Bescheid als Tag der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der 22.01.1999 angegeben sei. § 128 Abs.1 Satz 2 AFG nehme Bezug auf die Regelung des § 118 Abs.1 Satz 1 Nrn.2 bis 4 AFG. Die Erstattungspflicht solle entfallen, wenn im Erstattungszeitraum ein anderer Leistungsträger leistungspflichtig gewesen wäre. Die Beklagte habe daher auch zu Recht bis 31.01.1999 Alg gezahlt.

Mit ihrer Berufung führt die Klägerin weiterhin aus, die Erstattungspflicht ende, wenn der Arbeitslose die Bedingungen für eine anderweitige Sozialleistung vollständig erfüllt habe, und nicht erst mit dem Tage, an dem die Sozialleistung tatsächlich das erste Mal bezogen worden sei. § 99 SGB VI diene unter anderem auch der Vereinfachung der Verwaltung, dies könne aber nicht zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.11.2004 sowie den Bescheid vom 26.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2002 bezüglich der Zeit vom 24. bis 29...

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