rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Würzburg (Entscheidung vom 05.05.1998; Aktenzeichen S 11 U 221/97)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.05.1998 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei dem Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) und der Halswirbelsäule (HWS) als Berufskrankheit (BK) gem § 551 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm Nrn 2108 und 2109 der Anl 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der am 1935 geborene Kläger absolvierte von 1949 bis 1952 eine Lehre als Schneider und war von 1953 bis 1996 ganz überwiegend als Schneider und Bandarbeiter bzw -leiter in Kleiderfabriken beschäftigt (zuletzt bei der Firma W. und J. [W]).

Am 17.07.1996 zeigte die Allgemeine Ortskrankenkasse Bayern eine BK des Klägers nach Nr 2108 und Nr 2109 der BKVO an und legte ein Gutachten vom 26.06.1996 zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers der Orthopädin G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung vor. Die Beklagte befragte den Kläger zur Belastung durch Heben und Tragen von Lasten, durch große Rumpfbeugehaltung und Vibrationen mit einem Erhebungsbogen vom 05.08.1996 und zog einen Krankheitsbericht bei Wirbelsäulen-Erkrankungen von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr.L.H. vom 22.08.1996 bei. Die Firma W teilte der Beklagten im Fragebogen vom 22.08.1996 (ohne nähere Begründung) mit, die Wirbelsäule des Klägers sei von 1959 bis 30.06.1996 durch die sitzende Tätigkeit an der Nähmaschine nicht besonders belastet gewesen. Nach Einholung einer gewerbeärztlichen Stellungnahme des Internisten Dr.F.W. vom 21.11.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK mit Bescheid vom 23.01.1997 ab. Zur Begründung gab sie an, dass nach der Stellungnahme des Gewerbearztes sowohl die arbeitstechnischen als auch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nicht gegeben seien. Ein Heben und Tragen, wie sie als gefährdungsanalytische Voraussetzung in der BKVO gefordert werde, sei in entsprechendem Maße bei Schneidern nicht vorhanden. Zwar werde eine Hebe- und Tragetätigkeit und auch eine Tätigkeit in gebückter Haltung beschrieben, jedoch erreiche diese nicht die arbeitstechnischen Vorgaben im Sinne der kumulativen Belastung. Aus gewerbeärztlicher Betrachtung der medizinischen Befunde stelle sich beim Kläger ein degeneratives HWS- und LWS-Syndrom dar. Zusätzlich bestehe ein BWS-Syndrom bei fixierter BWS-Kyphose. Es sei von einer generalisierten Wirbelsäulenerkrankung des Klägers auszugehen, die keine berufsbedingte punktuelle über das altersnormale Maß hinausgehende Degeneration aufzeige.

Auf den Widerspruch des Klägers hin führte der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten (Abteilung für Prävention) eine Belastungserhebung nach Aktenlage mit Befragung des Klägers durch und hielt mit Schreiben vom 24.04.1997 die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Wirbelsäulenerkrankung nach Ziffern 2108 und 2109 der Anl 1 der BKVO nicht für gegeben.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26.06.1997 unter Berufung auf die Stellungnahme des Gewerbearztes sowie des TAD zurück.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und weiterhin die Anerkennung der Wirbelsäulen-Erkrankung als BK begehrt. Er hat sich gegen die Arbeitsplatzanalyse der Beklagten gewandt und darauf hingewiesen, dass die Firma W längst nicht mehr existiere. Zum Beweis für das Heben und Tragen von großen Paketen und Stoffrollen mit einem Gewicht von 10 bis 15 kg hat er seine Ehefrau R. K. und Frau H. S. als Zeuginnen benannt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 05.05.1998 unter Berufung auf die Feststellungen des TAD der Beklagten abgewiesen. Es hat die haftungsbegründende Kausalität verneint und deshalb auf die Einholung eines medizinischen Gutachtens verzichtet. Zusätzlich hat es auf das Gutachten der Orthopädin G. vom 26.06.1996 hingewiesen, wonach beim Kläger Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule in allen drei Abschnitten vorlägen. Bei polysegmentaler Verteilung der Wirbelsäulenerkrankung könne daher nach herrschender medizinischer Lehrmeinung eine BK nicht anerkannt werden.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 16.09.1998 die von ihm während seiner beruflichen Tätigkeit zu bewältigenden Hebe- und Tragevorgänge unter Angabe der Mindest- und Höchstgewichte im Einzelnen dargestellt. Er hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Heranziehung der vom Bundesarbeitsministerium herausgegebenen Merkblätter angemeldet und gerügt, dass Tätigkeiten in vorgebeugter Haltung im Sitzen nicht von der BK Nr 2108 erfasst würden. Auch hat er eine ärztliche Begutachtung zur Frage, ob das Wirbelsäulenleiden auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sei, für erforderlich gehalten. Zur Frage der Wirbelsäulenbelastung am Arbeitsplatz hat er zusätz...

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