Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Bezieher von Teilrenten aus Österreich und Deutschland. Eintritt der Versicherungspflicht ab 1.4.2002 durch Rechtsänderung infolge des Beschlusses des BVerfG 15.03.2000. 1 BvL 16/96 ua. Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen durch Rechtsänderung. Leistungszuständigkeit des Trägers des Wohnlandes. Unkenntnis des Versicherten und/oder des Beitragspflichtigen vom Bestehen der Versicherung
Orientierungssatz
1. Ein in Deutschland lebender bisher freiwillig versicherter Rentner ist auch dann in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5 versicherungspflichtig, wenn er dessen Voraussetzungen erst durch die Rechtsänderung zum 1.4.2002 infolge des Beschlusses des BVerfG vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 ua = BGBl I 2000, 1300 = BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 erfüllt und zuvor als Rentner wegen einer früheren Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der EU (hier: Österreich) in diesem Staat bei einem öffentlich-rechtlichen Krankenversicherungsträger versichert gewesen ist. Auch wer sich in mehreren Mitgliedstaaten aufhält bzw aufgehalten hat, unterliegt immer nur den Rechtsvorschriften eines Landes, nämlich des Wohnlandes.
2. Weder dem Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften über die Versicherungspflicht, noch anderen in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften kann etwas dafür entnommen werden, dass es zum Eintritt Versicherungs- und Beitragspflicht einer Kenntnis des Versicherten oder des Arbeitgebers vom Versicherungsverhältnis bedarf. Vielmehr lässt das Gesetz keine Zweifel daran, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht unmittelbar mit der Verwirklichung des sie begründenden Tatbestandes eintritt, ohne dass es auf den Willen oder das Bewusstsein der Beteiligten ankommt (vgl BSG vom 13.12.1984 - 11 RK 3/84 = SozR 5420 § 2 Nr 33).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab dem 01.04.2002 streitig.
Der 1937 geborene Kläger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland war seit dem 01.12.1998 als Rentner freiwilliges Mitglied der Beklagten, da er die für die KVdR erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt hatte. Neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht der Kläger eine Rente aus Österreich, weshalb er seinerzeit die Mitgliedschaft zur Beklagten zum 31.10.1999 gekündigt hatte und sich ab dem 01.11.1999 bei der Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaus versichert hat. Als aushelfender Leistungsträger erbrachte die Beklagte ab diesem Zeitpunkt Leistungen im Auftrag der Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaus für den Kläger in Deutschland.
Anfang 2004 stellte die Beklagte erstmalig fest, dass der Kläger aufgrund einer Rechtsänderung ab dem 01.04.2002 der Versicherungspflicht in der KVdR unterliegt. Die Beklagte informierte daraufhin die Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaus über den Eintritt der Versicherungspflicht in Deutschland und das damit verbundene Ende der Leistungsaushilfe. Ferner wurde die entsprechende Meldung an den deutschen Rentenversicherungsträger zwecks Umstellung des Versicherungsverhältnisses abgegeben. Der Kläger selbst wurde mit Schreiben vom 18. und 29.05.2004 sowie vom 02.03.2006 über den Eintritt der Versicherungspflicht und den Beginn seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 01.04.2002 informiert.
Die deutsche Rentenversicherung stellte die Mitgliedschaft des Klägers erst im März 2006 (die Gründe sind nicht mehr nachvollziehbar) um und forderte die aus der deutschen Rente ab dem 01.04.2002 zu entrichtenden Beiträge nach. Dagegen erhob der Kläger am 14.03.2007 Klage zum Sozialgericht München (SG) unter dem Az.: S 49 R 697/07. Das Verfahren ruht im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit.
Mit Schreiben vom 24.03.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei nicht bereit, Nachzahlungen zu leisten. Seine Mitgliedschaft bei der österreichischen Krankenversicherung habe er nie gekündigt. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 01.09.1999 bestätigt, dass seine Mitgliedschaft bei ihr am 31.10.1999 ende.
Mit streitigem Bescheid vom 22.01.2007 verblieb die Beklagte bei ihrer Rechtsauffassung, dass der Kläger ab dem 01.04.2002 die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der KVdR erfülle und ab diesem Zeitpunkt wieder Mitglied der Beklagten sei. Eine Besitzstandsregelung (Optionsrecht) komme für den Kläger nicht in Betracht, da er am 01.04.2002 nicht freiwillig versichert gewesen sei. Ab dem 01.04.2002 seien aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.03.2000 die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung des Klägers in der KVdR erfüllt. Die Entscheidung des BVerfG, der zufolge die Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen für d...